Sonntag, 31. Dezember 2017

415 »Wie schaurig ist dieses Stätte!«

Teil  415 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«                         
von Walter-Jörg Langbein

    
Foto 1: Nach wie vor rätselhaft.... die Riesen der Osterinsel!

Man kann zu großen Geheimnissen unseres Planeten reisen und ferne Länder aufsuchen. Man kann dann staunend vor den Osterinselriesen stehen oder im Flugzeug über dem riesigen Bilderbuch der Wüste von Nazca kreisen. Man kann aber auch zuhause bleiben und intensives Quellenstudium betreiben, zum Beispiel in Sachen »Jakobs Himmelsleiter«. Vorrang hat da zunächst der biblische Text, den es freilich in unterschiedlichen Übersetzungen gibt. Und die stimmen keineswegs immer überein, es gibt immer wieder Abweichungen und unbeantwortete Fragen.

Gern konsultiere ich bei kniffeligen Bibeltexten auch »Die Heilige Schrift ins Deutsche übertragen« von Naftali Herz Tur-Sinau, die in verschiedenen Auflagen vorliegt. Das wichtige Werk wurde 2013 vom SCM-Verlag in Witten herausgegeben. Eine aktuellere Ausgabe stammt aus dem Jahr 2017 (1). Was diese Ausgabe der Bibel so wertvoll macht: Der Übersetzer ist ein Kenner des Talmud und er folgt dem traditionellen jüdischen Denken. Kurz, seine Übersetzung ist näher am Original als so manche christliche. Im Anhang der Printausgabe werden abweichende Übersetzungen präzise begründet.

Fotos 2 und 3: Bibelillustration, Stich, Ende 17. Jahrhundert

Und da lesen wir: »Und er erschauerte und sprach: Wie schaurig ist dieses Stätte! – Nein, das ist ein Haus Gottes, und dies ist die Pforte des Himmels.« Auch hier wird die Stätte der Himmelsleiter als »schaurig« bezeichnet, wie in der »Vulgata«, wo der Ausdruck »terribilis« verwendet wird, so wie ja auch Piscator »schrecklich« übersetzt.

Emil Friedrich Kautzsch (*1841, †1910), war als Theologe und Kenner der hebräischen Sprache hoch angesehen. 1898 erschienen von Professor Kautzsch das Standardwerk »Die Apokryphen des Alten Testaments (2)“, gefolgt von »Die Pseudepigraphen des Alten Testaments (3)« im Jahr 1900. 1900 kamen »Die Apokryphen und Pseudepigraphen des Alten Testaments« in einem Band heraus . Weniger bekannt ist, dass Emil Friedrich Kautzsch auch eine Übersetzung des Alten Testaments in zwei Bänden publizierte (4). Die Erstauflage wurde vom angesehenem »Verlag von Mohr« anno 1898 und 1900 veröffentlicht, 1909 und 1910 (5) gab es bereits eine »dritte völlig neugearbeitete, mit Einleitungen zu den einzelnen Büchern versehene Auflage«.

Kautzsch übersetzt Genesis 28, Vers 17 so: »Da fürchtete er sich und sprach: Wie schauerlich ist diese Stätte! Ja, das ist der Wohnsitz Gottes und die Pforte des Himmels.«

Fotos 4 und 5: Jakobs Himmelsleiter, Kupferstich von Martin Tyroff

Während meines Studiums der evangelischen Theologie übersetzte ich zahlreiche Texte der hebräischen Originaltexte ins Deutsche. Ich war dabei stets bestrebt, dem Original so weit wie möglich zu entsprechen. Meine Absicht war es, einen Eindruck zu vermitteln, wie der Text – etwa nach dem Satzbau – im hebräischen Original geschrieben wurde. Ähnlich wie der geniale Piscator, mit dem ich mich natürlich ansonsten nicht vergleichen darf und will, sollte mein deutscher Text so nah wie möglich am hebräischen Original bleiben.

Besonders gern habe ich die Geschichte von Jakobs Traumvision von der Himmelsleiter übersetzt (6):

Foto 6
»12) Und da träumte ihm und siehe! Da war eine Leiter aufgerichtet auf der Erde und die Spitze, sie ging bis an den Himmel und siehe, da waren Boten Gottes, steigend hinauf und steigend herab auf ihr.
13) Und Jahwe stand über ihm und er sprach: Ich bin der Alles-Überdauernde, der Gott Abrahams, deines Vaters, der Gott Jizchaks. Das Land,  auf welchem du ruhst, ich werde es dir geben und deiner Nachkommenschaft.
14) Deine Nachkommenschaft, sie wird sein wie der Staub der Erde! Und du wirst dich ausbreiten gen Westen, Osten, Norden und Süden. Und mit dir werden sich segnen alle Geschlechter des Erdkreises und mit deiner Nachkommenschaft!
15) Und siehe: Ich bin mit dir! Ich werde dich behüten, wo immer du auch hingehst, und ich werde dich zurückkehren lassen in dein Land. Ich werde dich nicht verlassen bevor ich getan haben werde, was ich zu dir gesprochen habe!
16)  Und Jakob erwachte aus seinem Schlaf und er sprach wie folgt: Wahrhaftig, Jahwe weilt an dieser Stätte. Und ich, ich wusste es nicht!
17) Und ihm wurde Angst und er sprach wie folgt: Wie schrecklich ist diese Stätte. Sie ist nichts anderes  als ein Haus Gottes und dies hier ist der Eingang zum Himmel.
18) Und Jakob erhob sich beim Morgengrauen und er nahm den Stein, auf dem sein Kopf geruht hatte, und er  stellte ihn auf als  Erinnerungsstein und er schüttete Öl auf seine Spitze.
19) Und er nannte den Namen eben dieses Ortes Beth-El (Beth = Haus, El = Gott). Und diese Stätte war vordem Lus.«

Ich wiederhole meine wortgetreue Übersetzung von Vers 17: »Und ihm wurde Angst und er sprach wie folgt: Wie schrecklich ist diese Stätte. Sie ist nichts anderes  als ein Haus Gottes und dies hier ist der Eingang zum Himmel.«

Emil Kautzsch übersetzt Genesis 28, Vers 17 so: »Da fürchtete er sich und sprach: Wie schauerlich ist diese Stätte! Ja, das ist der Wohnsitz Gottes und die Pforte des Himmels.«

Fotos 7 und 8
Nach meiner Übersetzung war der Ort, wo die »Engel« zwischen Himmel und Erde pendelten eine »schreckliche Stätte“, Kautzsch nennt sie »schauerlich«, die »Vulgata« benutzt den Terminus »terribilis« (schrecklich, furchtbar). Zur Kontrolle konsultiere ich Eduard Königs »Hebräisches und aramäisches Wörterbuch zum Alten Testament« in der dritten Auflage, Leipzig 1922. Das Nachschlagewerk gibt als Übersetzung an »furchtbar«.

Was beschreibt Genesis Kapitel 28, Vers 17? Jakob bekam Angst. Warum? Er befindet sich an einem Ort, der »Haus Gottes« genannt wird. Wichtig: Just in diesem Vers ist nicht von einem Haus Jahwes die Rede, sondern von einem Haus von Elohim. Und dieses Elohim-Haus ist der »Eingang«, ja das »Tor« zum Himmel, wortwörtlich eigentlich der Himmel.

Was aber haben wir uns unter einem »Tor«, unter einem »Eingang« zu den Himmeln zu verstehen? Jakob schildert, wie »Boten Gottes« von der Erde in das »Haus Gottes« gelangen oder von dort zur Erde herab steigen. Was geschieht da? Vielleicht kommt Piscator in seiner Bibelübersetzung der Realität am nächsten, wenn er schreibt: »schrecklich) Nemlich von wegen der herrlichen majestaet Gottes, welche den menschen wegen ihrer bloedigkeit erschroecklich ist.«  Die Herrlichkeit Gottes erscheint den Menschen als schrecklich… »wegen ihrer Bloedigkeit«? Geschah damals etwas, was Jakob nicht begreifen konnte und was selbst heutige Theologen nicht verstehen wollen? Steckt etwas ganz anderes hinter der Vorstellung einer »Leiter« zwischen Himmel und Erde?

Die Vorstellung vom »Tor zum Himmel« gibt Anlass zu heute noch kühnen Gedanken. Geht es um einen Energie, die zwischen unserer Realität und einer anderen fließt? Machte dieser Energiefluss für Jakob den Ort seiner »Vision« zu einem schrecklichen? Oder sollte es gar wirklich ein Tor in den Himmel gegeben haben?


Foto 9: »Kautzsch-Bibel«, Band 1
Wie dem auch sei: Die »Biblia Hebraica« spricht von »furchtbar«, was nicht so recht zu einem gütigen Gott passt. Um das Bild vom »lieben Gott« aufrecht erhalten zu können, wird in Übersetzungen aus dem »furchtbar« eine Stätte der Ehrfurcht. Warum aber wird der Ort der Begegnung als »schrecklich« bezeichnet?

Erlebte Jakob etwas, was für ihn einfach nur grauenhaft war? Was verstehen wir unter »Haus Gottes«, was unter »Pforte des Himmels«?

Fußnoten
1) Naftali Herz Tur-Sinau: »Die Heilige Schrift«,Verlag SCM R. Brockhaus, Witten,  3. Auflage19. April 2017 (ISBN-10: 341725180X , ISBN-13: 978-3417251807). Im gleichen Verlag ist erschienen »Das jüdische Neue Testament« von David D. Stern, 2. Auflage 3. April 2017 (ISBN-10: 3417254124,ISBN-13: 978-3417254129) David H. Stern hat auch einen Kommentar zum jüdischen Neuen Testament verfasst. David H. Stern: »Kommentar zum Jüdischen Neuen Testament«, SCM R. Brockhaus, Witten, 2. Auflage, Witten, 7. September 2017 (ISBN-10: 3417254116 13: 978-3417254112). Diese Werke sind alle sehr empfehlenswert!

2) Kautsch, Emil: »Die Apokryphen des Alten Testaments«, Tübingen 1898
3) Kautsch, Emil: »Die Pseudepigraphen des Alten Testaments«, Tübingen 1900
4) Kautzsch, E(mil): »Die Heilige Schrift des Alten Testaments«, Band 1, »Von Mose bis Ezechiel«, Tübingen 1909
5) Kautzsch, E(mil): »Die Heilige Schrift des Alten Testaments«, Band 2, »Hosea bis Chronik«, Tübingen 1910
6) 1. Buch Mose Kapitel 28, Verse 12-19


Foto 10: Plakat Seminar 2018
Zu den Fotos
Foto 1: Nach wie vor rätselhaft.... die Riesen der Osterinsel! 
Fotos 2 und 3: Bibelillustration, Stich, Ende 17. Jahrhundert.
Fotos 4 und 5: Jakobs Himmelsleiter, Kupferstich von Martin Tyroff. 
Foto 6: Jakobsleiter an der Westfront der Abtei von Bath, England, wiki commons Haukurth.
Fotos 7 und 8: Die »Kautzsch-Bibel« in 2 Bänden 
Foto 9: Die »Kautzsch-Bibel«, Band 1.
Foto 10: Plakat »Phantastische Phänomene« 2018

416 »Mit dem ›Fahrstuhl‹ oder durchs ›Sternentor‹ ins All?«
Teil  416 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«                         
von Walter-Jörg Langbein,                       
erscheint am 07.01.2018


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Samstag, 23. Dezember 2017

414 »Untergeordnete Gottheiten und der Weltraumprofessor«

Teil  414 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«                         
von Walter-Jörg Langbein


Foto 1: Jakob  von Rembrandt
»Wir sollten nur danach trachten, die Menschen zum Nachdenken anzuregen, nicht sie zu überzeugen.« Dieses kluge Wort wird dem Maler, Grafiker und Bildhauer Georges Braque (*1882,†1963), einem der Mitbegründer des Kubismus, zugeschrieben.

Mit meiner ausführlichen Recherche in Sachen »Jakobs Himmelsleiter« möchte ich auch nur zum Nachdenken anregen und niemanden auf Teufel komm raus von (m)einer Interpretation überzeugen. Es wird sich aber zeigen, dass eine fantastische Interpretation in Richtung Prä-Astronautik zumindest möglich ist.

Was Jakob im Traum wiederfuhr, es mutet mysteriös an. Aber was sagte kein Geringerer als Albert Einstein (*1879,†1955)? »Das Schönste, was wir erleben können, ist das Geheimnisvolle.« Mag sein, dass der biblische Jakob etwas erlebte, was ihm so fantastisch vorkam, dass er es nur als Traum akzeptieren konnte. 

Was aber könnte dem biblischen Jakob vor fast vier Jahrtausenden widerfahren sein? Wie müssen wir die Geschichte von den Engeln, die via Leiter aus dem Himmel zur Erde herab steigen und aus unseren niederen irdischen Gefilden wieder in den Himmel gelangen?

Gibt es eine technische Interpretation im Sinne der Präastronautik? Die Geschichte von der »Himmelsleiter« beschreibt ja die Verbindung zwischen Himmel und Erde via »Leiter«. »Engel« kommen aus dem Himmel zur Erde und kehren von der Erde in den Himmel zurück. Darf man bei einem biblischen Bericht über »Reisen« zwischen Himmel und Erde an vorgeschichtliche Astronauten denken, die zwischen Himmel und Erde denken? Prof. Georg Fohrer (*1915,†2002) war »ordentlicher Professor für Alttestamentliche Wissenschaft« in Erlangen.

Foto 2: Jakobs Leiter
Ich habe manche Vorlesung bei Prof. Fohrer besucht, an einigen seiner Seminare teilgenommen. Je näher seine Emeritierung 1979 rückte, desto offener wurde der Gelehrte auch für »Randfragen«. Mehrfach haben wir uns über das Thema der »Engel« im »Alten Testament« unterhalten. Prof. Oberth gab mir schließlich zu verstehen, dass seiner Ansicht nach »Engel« ihren Ursprung außerhalb des Judentums hatten. Sie waren, so Prof. Fohrer, ursprünglich »untergeordnete Götter«, die als »Engel« Eingang in die Schriften des »Alten Testaments« fanden.

Was haben wir uns unter »untergeordneten Gottheiten« vorzustellen, die zwischen Himmel und Erde pendelten? Martin Heinrich schlug eine präastronautische Lösung vor, verfasste ein sachkundiges Werk zum spannenden Thema: »Jakobs Himmelsleiter war ein Weltraumlift« (1). Ich erfuhr vor vielen Jahren zum ersten Mal vom »Projekt Weltraumlift«. Und zwar von Hermann Oberth. Prof. Dr. Dr.-Ing. Hermann Oberth (*1894,†1989) wird mit Fug und Recht als »Vater der modernen Raumfahrt« bezeichnet. Jules Vernes utopischer Roman »Die Reise zum Mond« war es, die den Gymnasiasten Hermann Oberth mit dem »Utopie-Bazillus« infizierte. Schon als Schüler tüftelte er an Experimenten, versuchte zum Beispiel Schwerelosigkeit zu simulieren: in der Badeanstalt. Er suchte nach realistischen Möglichkeiten, Menschen zum Mond und zurück zu bringen. Mit 14 Jahren entwarf Hermann Oberth bereits eine Rakete. Expandierende Gase sollten sie ins Weltall befördern.

1923 erschien sein bahnbrechendes Buch »Die Rakete zu den Planetenräumen«. Als Doktorarbeit war seine Abhandlung abgelehnt worden. 1929 erlebte Hermann Oberth auf dem »Raketenplatz Berlin« einen ersten Triumph: Sein Raketenmotor funktionierte. Studenten der »Technischen Universität« halfen ihm bei dem Experiment. Darunter befand sich Wernher von Braun (*1912,†1977) der auch als führender Mann bei der NASA nie seinen Lehrer Hermann Oberth vergaß.

Foto 3: Im Gespräch mit Prof. Hermann Oberth, März 1983

1969 saß der »Vater der Weltraumfahrt« beim Start von Apollo 11 zur ersten bemannten Expedition zum Mond auf der Ehrentribüne im »Kennedy Space Center«, Florida. Bereits 1922 hatte er in Heidelberg seine Abhandlung »Die Rakete zu den Planetenräumen« als Doktorarbeit eingereicht. Sie wurde abgelehnt. Hermann Oberth im Gespräch mit dem Verfasser: »Ein Professor aus Heidelberg meinte damals, derlei Pläne für Raumflüge zum Mond und darüber hinaus würden vielleicht in ferner Zukunft, in den letzten Tagen der Menschheit verwirklicht werden.«

Gern denke ich an so manchen Nachmittag zurück, den ich mit Prof. Oberth in seinem bescheidenen Domizil in Feucht bei Nürnberg verbringen durfte. So manche Stunde durfte ich dem »Vater der Weltraumfahrt« helfen, Briefe und Dokumente zu sortieren, zu archivieren. Hermann Oberth, dessen warmherzige Ausstrahlung mich von Anfang an faszinierte, geriet ins Schwärmen, wenn er von seinen frühesten Experimenten in Sachen Schwerkraft erzählte. Sie brachten ihm, als er noch Gymnasiast war, den Spitznamen »Mondoberth« ein. Für mich sind die Erinnerungen an Begegnungen mit diesem großen Menschen die schönsten, die ich nicht missen möchte. Hermann Oberth war Zeit seines Lebens von Raketen fasziniert, suchte aber auch nach Alternativen.

Fotos 4 und 5:  Jakobs Himmelsleiter. 

Bereits 1954 legte Oberth sein Werk »Menschen im Weltraum – Neue Projekte für Raketen- und Raumfahrt« (2) vor. Er dachte schon damals sehr konkret darüber nach, wie man andere Planeten unseres Sonnensystems für Menschen bewohnbar machen kann. Und das lange bevor der Begriff »Terraforming« geschaffen wurde. Er entwickelte Pläne für interstellare Raumfahrt mit gigantischen »Siedlungen im Weltraum«. Oberth berechnete riesige Weltraumstädte in Walzen- oder Radform, in denen eine künstliche Schwerkraft erzeugt werden kann, so dass der Mensch ohne Probleme der Schwerelosigkeit die Weiten des Universums erforschen würde. Hermann Oberth legte nicht nur den Grundstein der heutigen Raumfahrttechnologie. Er blickte als echter wissenschaftlicher Visionär in die Zukunft. Seine wohl kühnste Vision klingt heute, ein halbes Jahrhundert nachdem Hermann Oberth sie entwarf, reichlich utopisch. Hermann Oberth in »Menschen im Weltraum« (4):

Foto 6: Menschen im Weltraum
»Trotzdem könnte man sich vorstellen, dass Menschen ferne, unbekannte Planeten anderer Sonnen erreichen. Sie würden sich in Wohnwalzen als auf sich selbst gestellte Gemeinschaften auf den ungeheuer weiten Weg machen und nach Tausenden von Jahren ans Ziel kommen. Gewaltige, mehrschichtige Meteordämpfer an der Stirnseite der durch den Raum rasenden Wohnwalze würden für Sicherheit sorgen. 

Am Ziel würden die Nachfahren der einst von der Erde ausgezogenen Menschen neue Planeten erforschen und für ihre Nachkommen erschließen. Die Erinnerung an die alte Erde, die für sie in den Tiefen des Weltraumes versunken sein würde, wäre nur noch schwach und unwirklich, und die auf Mikrofilme und Tonbänder gebannte Geschichte der irdischen Menschheit klänge diesen Weltraumfahrern nicht anders als ein geheimnisvolles Märchen aus dem Reich der Toten.«


Hermann Oberth war davon überzeugt, dass wirkliche »Raumfahrt«, die diesen Namen auch verdient, möglich ist. Er sah den Bau von gigantischen Weltraumstädten als durchführbar an und suchte nach Alternativen zum Raketenantrieb. »Wenn man eine gewaltige Weltraumstadt auf der Erde baut, benötigt man unvorstellbare Mengen an Energie, um sie ins All zu bringen.«, so sagte er zu mir. Einzige Möglichkeit: Die Weltraumhabitate werden nicht auf der Erde gebaut, sondern im All. Wie aber bringt man das Material ins All?

Foto 7: Handschriftliche Widmung Oberths

Prof. Oberth arbeitete an einem »Windkraftwerk«, (5) das in sehr großer Höhe über dem Erdboden Strom gewinnen und zur Erde leiten sollte. Er verlor nie die praktische Seite aus den Augen. Ein »Seil« würde Windkraftwerk mit dem Erdboden verbinden. Techniker würden in »Gondeln« zum Windkraftwerk fahren, etwa um Wartungsarbeiten zu verrichten. Und sie würden auf diesem Wege wieder zum Erdboden zurück fahren. Mit leuchtenden Augen schilderte mir Prof. Oberth die »Steigerung«.

Er dachte an einen kleinen Himmelskörper, etwa einen Asteroiden als »Endpunkt« eines »Lastenaufzugs«. Mit einer solchen »Vorrichtung« könne man gewaltige Materialmengen in den Weltraum schaffen, und das mit einem sehr viel kleineren Energieaufwand. Raketen, so Oberth, können das auch. Raketen würden die Lasten sehr viel schneller ins All schaffen können als so ein »Lastenaufzug«, aber enormen Mengen an Treibstoff verbrauchen. Der »Aufzug« ins All sei natürlich sehr viel langsamer, aber auch sehr viel sparsamer im Energieverbrauch.

Die »Himmelsleiter« ist im Prinzip so eine Art »Weltraumlift für Arme«. Die »Engel« - »untergeordnete Götter«! -  werden aber nicht in Gondeln vom Himmel auf die Erde und retour geschafft, sie müssen mühsam eine Leiter nutzen, sprich Sprosse für Sprosse hinunter und hinauf steigen. Beschreibt der biblische Text einen »Weltraumlift« als »Leiter«? Kannte der Verfasser so ein energiesparendes Bauwerk? Ich habe da meine Zweifel! So ein Weltraumaufzug hätte mit einer Leiter wenig gemeinsam, wäre technisch enorm aufwändig und von gewaltigen Proportionen. Ich kann man nicht vorstellen, dass so ein Weltwunder der Baukunst und der Technologie spurlos verschwinden würde.

Wahrscheinlicher ist, dass es sich bei der »Jakobsleiter« um Teil eines »Stargates« gehandelt hat. Die »Leiter« führte zum Übergang in andere Welten, andere Dimensionen. Ein solcher Übergang muss für die Menschen zu biblischen Zeiten eine Stätte des Schreckens gewesen sein, ein göttliches Wunder, das sie nicht verstehen konnten. 

Im März des Jahres 1983 besuchte ich Prof. Oberth zum letzten Mal in seinem Haus in Feucht bei Nürnberg. Wir unterhielten uns lange. Schließlich durfte ich Prof. Oberth ausführlich interviewen. Zum Abschluss fragte ich den greisen Gelehrten: »Herr Professor, diese Macht der Kirche zu bestimmen, was Wissenschaftler lehren dürfen und was nicht... ist vorbei. Verhalten sich aber nicht auch Wissenschaftler ebenso autoritär wie die Kirchenvertreter von einst?«

Fotos 8 und 9: Bibel Illustration um 1875

Hermann Oberth antwortete: »Aber ja! Das war so, ist zum Teil auch noch so. Viele Wissenschaftler verhalten sich dem Wissen gegenüber wie eine gestopfte Gans gegenüber dem Futter. Nur um Gottes willen nicht noch mehr. Das war so, schon immer!« Ich fragte nach: »Wird es auch immer so bleiben?« Hermann Oberth antwortete: »Ich möchte nicht immer sagen.«

Foto 10: Oberths Abhandlung  »Drachenkraftwerk«.
Fußnoten
1) Heinrich, Martin: »Jakobs Himmelsleiter war ein Weltraumlift«, 
Hanau 2012. Mir liegt das eBook der interessanten Publikation vor.
2) Oberth, Hermann: »Menschen im Weltraum/ Neue Projekte 

für Raketen- und Raumfahrt«, 4. Auflage, Düsseldorf 1963
3) ebenda, S. 198
4) ebenda, S. 201
5) Oberth, Hermann: »Das Drachenkraftwerk/ Neue Vorschläge 

für Windkraftwerke, die von prallgefüllten drachenähnlichen 
Ballons getragen werden als Alternative zu luftverschmutzenden – und Atomkraftwerken«, Feucht o.J. (Foto 8)

Zu den Fotos:
Foto 1: Jakob in einem Gemälde von Rembrandt.
Foto 2: Jakobs Leiter, mittelalterliche Bibelillustration.
Foto 3: Im Gespräch mit Prof. Hermann Oberth, März 1983.
Fotos 4 und 5:  Jakobs Himmelsleiter.  Kupferstich von Martin Tyroff nach Johann Melchior 1731
Foto 6: Oberths Menschen im Weltraum.
Foto 7: Handschriftliche Widmung Oberths für den Verfasser.
Foto 8: Oberths Abhandlung zum »Drachenkraftwerk«.
Fotos 8 und 9: Bibel Illustration um 1875.
Foto 10: Oberths Abhandlung zum »Drachenkraftwerk«.

415 »Wie schaurig ist dieses Stätte!«,
Teil  415 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«                         
von Walter-Jörg Langbein,                       
erscheint am 31.12.2017



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Sonntag, 17. Dezember 2017

413 »Jakob und das schreckliche Tor zum Himmel«

Teil  413 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«                         
von Walter-Jörg Langbein


Fotos 1 und 2: Augustinus Aurelius

»Die Welt ist ein Buch. Wer nie reist, sieht nur eine Seite davon.«, stellte Augustinus Aurelius  (*354,†430) fest. Recht hat der berühmte frühe Theologe. Reisen lässt uns staunen, wenn wir das zulassen. Wir können, wenn wir wollen, mehr über die Welt erfahren als uns die Schulweisheit lehrt. Gute Bücher können einen auch in ferne Gefilde entführen und unseren Horizont erweitern. Lesen und Reisen sind die zwei wichtigsten Quellen für den Suchenden. Und das Studium altehrwürdige Bücher kann uns Reisen auch in fernste Zeiten ermöglichen. Sehen wir dann auch das scheinbar »Verrückte«,Das gilt auch für das Bibelstudium. Da empfiehl es sich immer, verschiedene Übersetzungen zu befragen.

H.P. Lovecraft schrieb in seiner fantastischen und zugleich philosophischen Kurzgeschichte »Jenseits der Mauer des Schlafes«(1) einen Satz, der mich auf allen meinen Reisen zu den mysteriösen und geheimnisvollen Stätten unseres Planeten begleitet hat (2): »Doch wir alle sind Wanderer gewaltiger Weltenräume und Reisende in vielen Zeitaltern.«

Foto3: Engel
Machen wir uns auf eine besondere Reise – durch Raum und Zeit. Besuchen wir Jakob. Ort: Irgendwo im »Heiligen Land«. Zeit: etwa 1800-1900 v.Chr. Wir wollen versuchen herauszufinden, was Jakob erlebt oder geträumt hat. Verlassen wir uns nicht auf einen »Reiseführer«, ziehen wir mehrere zurate.

Die biblische »Jakobsleiter« (3) hat schon seit Jahrhunderten zu theologischen Diskussionen angeregt. Und ich behaupte, dass bis heute niemand mit Sicherheit sagen kann, was da dem Jakob widerfahren ist. Wir machen auf unserer Zeitreise in die Vergangenheit einen kleinen Zwischenstopp. Auf der Suche nach einer Erklärung für den »Traum Jakobs« landen wir im frühen 17. Jahrhundert.

Johannes Piscator (*27.3.1546, †26.7.1625), elsässischer Theologe, übersetzte 1602 bis 1604 die Bibel. Mehr als Luther war Johannes Piscator auf philologische Genauigkeit bedacht und weniger auf sprachliche Gefälligkeit. Von den Lutheranern verspottet, konnte sich die »Piscator-Bibel« nicht durchsetzen, ja sie war zeitweise in Deutschland sogar verboten.  Heute ist sie selbst so manchem Theologen nicht bekannt. Das liegt wohl auch daran, dass Luther dem Volk mehr aufs Maul schaute und eine gefälligere, eingängigere Übersetzung bot.

Anno 1684 erschien in Bern in offenbar hoher Auflage eine »Piscator-Bibel«, die viele erklärende Anmerkungen zu nicht so ganz klaren oder vordergründig unverständlichen Aussagen bietet. 1684 befanden sich diese Erklärungen vorwiegend separat vom eigentlichen Text am unteren Rand der Seite. In der Ausgabe der »Piscator-Bibel« von 1736 wurden diese Erklärungen meist direkt in den Text eingefügt, was das Lesen erleichterte. In der Piscator-Bibel von 1736 finden wir in Gensis (4):

Foto 4:und noch mehr Engel
»Dann er war erschrocken worden und hatte gesagt: Wie schrecklich ist dis ort? Dis ort ist nichts anders dann Gottes hause, und dis ist des himels pfort.« Interessant ist die Erklärung Piscators: »schrecklich) Nemlich von wegen der herrlichen majestaet Gottes, welche den menschen wegen ihrer bloedigkeit erschroecklich ist.« 

Anno 1716 erschien »Die Heilige Schrift« von in Nürnberg, als »Endter-Bibel« bekannt. Wo Piscator noch von »schrecklich« spricht, lässt Luther das Grauen verschwinden und ersetzt es. Bei Luther lesen wir, in der Endter-Bibel von 1716: »Und furchte sich und sprach: Wie heilig ist diese Staette? Hie ist nichts anders denn Gottes Haus und diese ist die Pforte des Himmels.« Bei Luther wurde also »schrecklich« zu »heilig«.

Luther interpretiert den Begriff »heilig« wie folgt: »Heilig) Heilig ist hie/ da man Gott fuerchten und ehren soll/ als der daselbst will gefuerchtet und geehret seyn. Daher auch derselbe Berg Mori Ja heisst/ das ist/ Gottesfurcht und Ehrerbietung und Dienst. Denn Gottesfurcht ist der hoechste Gottesdienst.« Bei Luther verschwindet also die Beschreibung des Ortes als »schrecklich« und er wird zu einer Stätte der Verehrung Gottes. So erklärt Luther weiter: »Und hie angezeiget: Wo Gottes Wort ist/ (wie Jacob hie redet) da ist Gottes Haus/ da stehet der Himmel offen mit allen Gnaden.«

Martin Luther versteht also das Bild von Jakobs Himmelsleiter in christlich-symbolischen Sinn und er verallgemeinert: Überall, wo Gottes Wirt ist, da öffnet sich der Himmel für den Gläubigen mit allen seinen Gnaden. Der Ort der »Himmelsleiter« muss also für Luther ein Ort der Huld und Gnade Gottes sein, von Grässlichkeit darf da dann nichts mehr zu lesen sein. Aus der Furcht vor Grässlichem wird, auch wenn die Furcht bleibt, die Ehrfurcht vor dem Göttlichen. 

Foto 5: ...an der Himmelsstiege
So lesen wir in der aktuellen Luther-Bibel von 2017. »Und er fürchtete sich und sprach: Wie heilig ist diese Stätte! Hier ist nichts anderes als Gottes Haus, und hier ist die Pforte des Himmels.« Die »English Standard Version« der Bibel bringt: »And he was afraid and said: How awesome is this place! This is none other than the house of God, and this is the gate of heaven.« Auch in der englischen Übersetzung empfindet Jakob Furcht, aber warum?

Der Ort von Jakobs Vision wird als »awesome« beschrieben. »Awesome« aber kann »furchteinflößend«, »furchterrgend«, »fürchterlich«, aber auch »ehrfurchtgebietend« heißen.
Das Alte Testament wurde ursprünglich in hebräischer Sprache verfasst. Freilich wurde das Bibelhebräisch auch im Judentum immer weniger verstanden. Die Geistlichkeit konnte nach wie vor die Texte im ursprünglichen Bibel-Hebräisch lesen und verstehen, der »Mann aus dem Volke« immer weniger. So sah man sich genötigt, speziell für das hellenistische Judentum, vorwiegen in Alexandria, die hebräischen Texte ins Griechische zu übertragen. So entstand zwischen 250 v.Chr. und 100 v.Chr. die Septuaginta, eine griechische Version der hebräischen Bibel, also des Alten Testaments.

Foto 6: Aus der Piscator- Bibel von 1684, 1. Mose 28, Vers. 17


Die Übersetzungsarbeiten begannen mit der Übertragung der »Tora«. Die griechische Fassung der fünf Bücher Mose bezeichnete man als »Septuaginta«. Schließlich nahm man sich den Rest des »Alten Testaments« vor und auch einige der »verbotenen« Bücher wurden ins Griechische übersetzt. Alle diese griechischen Texte wurden schließlich als »Septuagina« beichnet. Sie wird in Griechenland und Zypern heute noch im Gottesdienst der orthodoxen Kirche gebraucht.

Die »Deutsche Bibelgesellschaft« hat eine deutsche Übersetzung dieser griechischen Texte herausgegeben (5). Diese ist 2009 in Stuttgart erschienen, bereits 2010 gab es eine »zweite, verbesserte Auflage«. Und da lesen wir im ersten Buch Mose(6): »Und er geriet in Furcht und sagte: Wie furchterregend ist dieser Ort; nichts anderes ist dies als das Haus Gottes und dies ist das Tor zum Himmel! «

Foto 7: Aus der Poscator Bibel von 1684, Vers 17.

Interessant ist auch die »Vulgata«, die lateinische Übersetzung der Bibel. Anno 382 begann Hieronymus mit der Überarbeitung der Übersetzung der Evangelien ins Lateinische. Nach dem Tod von Papst Damasus I. machte sich Hieronymus an eine Übersetzung des Alten Testaments ins Lateinische. 1. Mose 28 Vers 17 liest sich in der Vulgata so:

»Pavensque, Quam terribilis est, inquit, locus iste ! non est hic aliud nisi domus Dei, et porta cæli.« Dr. Joseph Franz von Allioli übersetzte die »Vulgata« aus dem Lateinischen ins Deutsche, anno 1963 von der »Britischen und Ausländischen Bibelgesellschaft« in Wien veröffentlicht. Völlig korrekt gibt er wieder: »Und er erschrak und sprach: Wie furchtbar ist dieser Ort! Hier ist nichts anders denn Gottes Haus und die Pforte des Himmels.« Das lateinische »terribilis« bedeutet »schrecklich« und »furchtbar«.

Foto 8: Aus der Piscator-Bibel von 1684: Erklärungen zu  1. Mose 28, Vers 17

Fußnoten
1) H.P. Lovecraft: „Jenseits der Mauer des Schlafes“, erschienen in H.P. Lovecraft: „Der Silberne Schlüssel“, Leipzig 2013, S, 351-365. Das Z
2) ebenda, Seite 363, Zeilen 15-17 von unten
3) 1. Buch Mose Kapitel 28, Verse 10-22
4) 1. Buch Mose Kapitel 28, Vers 17
5) »Septuaginta Deutsch/ Das griechische Alte Testament in deutscher Übersetzung«, Stuttgart, 2. Verbesserte Auflage 2010
6) ebenda, 1. Buch Mose Kapitel 28, Vers 17, rechte Spalte


Foto 9: Aus der Piscator-Bibel von 1684: Erklärungen zu 1. Mose 28, Vers 17

Zu den Fotos
Fotos 1 und 2: Augustinus Aurelius/ Gemälde von Benozzo Gozzoli (c. 1421 – 1497) und Darstellung aus dem 6. Jahrhundert.  wikimedia commons
Fotos 3-5: Engel an der Himmelsstiege von Bad Tölz. Fotos Walter-Jörg Langbein
Foto 6: Aus der Piscator- Bibel von 1684, 1. Mose 28, Verse 17 und 18. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 7: Aus der Poscator Bibel von 1684, Vers 17. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 8: Aus der Piscator-Bibel von 1684: Erklärungen zu  1. Mose 28, Vers 17. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 9: Aus der Piscator-Bibel von 1684: Erklärungen zu 1. Mose 28, Vers 17. Foto Walter-Jörg Langbein

414 »Untergeordnete Gottheiten und der Weltraumprofessor«,
Teil  414 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«                         
von Walter-Jörg Langbein,                       
erscheint am 24.12.2017



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Sonntag, 10. Dezember 2017

412 »Jakobs Himmelsleiter und das Tor zum Himmel«

Teil  412 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«                         
von Walter-Jörg Langbein



Foto 1: Jakobs Traum von der Himmelsleiter,  Kupferstich von 1694

»Das ist doch alles ein Scheiß!« ließ der Religionslehrer ärgerlicher als sonst vernehmen. Ich war damals 14 und löcherte den »Gottesmann« gern dann und wann mit Fragen über Erich von Dänikens »Erinnerungen an die Zukunft«, speziell wenn es ums Alte Testament ging. Auf meine Frage, warum er sich  denn so sicher sei, dass die Bibel wirklich keine Hinweise auf prähistorische Astronautengötter enthalte, kam wieder sein »Das ist doch alles ...«. Und selbstgefällig ließ der Geistliche und Religionslehrer vernehmen: »Ich habe die biblischen Texte in den Originalsprachen gelesen, da kommen keine Außerirdischen drin vor!«

Im Verlauf meines Studiums an der evangelischen Theologie an der »Friedrich-Alexander-Universität Erlangen/ Nürnberg« übersetzte ich die fünf Bücher Mose und zahlreiche andere Textpassagen des Alten Testaments wie die »UFO-Sichtungen« des Propheten Hesekiel aus dem Hebräischen ins Deutsche. Dabei bemühte ich mich, dem hebräischen Originaltext möglichst gerecht zu werden. Vor allem wollte ich den Text selbst sprechen lassen, ohne eine theologische Interpretation hinein zu übersetzen. Gerade der Theologe neigt ja dazu, eine bestimmte Sichtweise als richtig vorauszusetzen, um dann Bibeltexte so zu übersetzen, dass die theologische Voreingenommenheit bestätigt wird.

Foto 2: Die Himmelsleiter, 16. Jahrhundert

Der brave, konservative Theologe jeder Religion geht von einer unbezweifelbaren religiösen Wahrheit aus, über die nur die eigene Religion verfügt. Er hat keinen Zweifel, dass nur seine Religion allein die Wahrheit von Gott, Schöpfung und Welt zu bieten hat. Er übersetzt dann Texte entsprechend, sprich er hinterfragt die Lehre seiner Theologie niemals. Er übersetzt vielmehr – bewusst oder nicht – so, dass eben seine vorgefasste Meinung bestätigt wird. Wie sollte das auch anders gehen? Wenn man sich im Besitz der allein gültigen Wahrheit sieht, und das im Gegensatz zu den vermeintlich Ungläubigen aller anderen Religionen, kommt bei jeder Übersetzung heraus, was die Lehre der eigenen Religion vorschreibt. Was davon abweicht gilt als falsch.

So kann man schließlich sehr schön die Übersetzung als Beweis für die Richtigkeit der eigenen religiösen Glaubenswelt heranziehen. Dabei bestand nie die Gefahr, dass eine Übersetzung die eigene Glaubenslehre in Frage stellen würde. Man ist überzeugt, allein zu wissen, was wahr ist und nimmt erst gar nicht wahr, was diesem Glauben widerspricht.

Foto 3: Der Kalvarienberg, Bad Tölz, Foto Heidi Stahl

Maria Montessori (*1870 in Chiaravalle; † 1952 in Noordwijk aan Zee) war eine italienische Ärztin, Reformpädagogin, Philosophin und »Erfinderin« der Montessoripädagogik. Kritisch äüßerte Maria Montessori über die herkömmliche Pädagogik: »Die Schule ist jenes Exil, in dem der Erwachsene das Kind solange hält, bis es imstande ist, in der Erwachsenenwelt zu leben, ohne zu stören.« Diese Aussage trifft auch, ja besonders auf jede fundamentalistische Theologie zu. Der Student wird so lange mit der angeblich alleingültigen Lehre traktiert, bis er sie verinnerlicht hat. Dann stört er nicht mehr im religiösen Getriebe. Und wenn doch, wird er in gewissen Ländern eben einen Kopf kürzer gemacht.

Von besonderem Interesse war für mich schon als Schüler die mysteriöse Geschichte von Jakobs Traum. Im Traum sieht Jakob eine Leiter, die bis in den Himmel reicht. Auf dieser Leiter steigen Boten Gottes vom Himmel zur Erde herab oder von der Erde empor in den Himmel. Im hebräischen Original ist von »Boten Gottes« die Rede, aus denen später »Engel« wurden. Wie diese Boten ausgesehen haben, wir wissen es nicht. Der Text selbst gibt keinen Hinweis etwa auf Flügel, die ja im Christentum als Attribut von Engeln gelten.

Foto 4: Kreuzkirche Bad Tölz, Foto Heidi Stahl

Die genaue Lokalisation des Traums, sprich wo denn genau die Himmelsleiter gestanden haben soll, das lässt sich aus dem biblischen Text nicht herauslesen. Bei der knappen Beschreibung dieses Ortes gibt es Unklarheiten. Im 1. Buch Mose Kapitel 28, Vers 17 erfahren wir, dass dem Jakob angst und bange wurde. Aber warum?

Die altslavische Tradition kennt einen der mysteriösesten Texte, der niemals in den Kanon des Alten Testaments aufgenommen wurde und der doch die Geschichte von Jakob und der Himmelsleiter ausführlicher erzählt. Wie im biblischen Text (1) lesen wir auch hier die gleiche Rahmenhandlung (2): »Jakob machte sich auf den Weg zu Laban, seinem Onkel. Und er fand einen Ort und schlief ein, nachdem er (s)einen (3)  Kopf auf einen Stein gelegt hatte, denn die Sonne war untergegangen. Da hatte er einen Traum: Und siehe, eine Leiter war auf der Erde aufgestellt, deren Spitze bis zum Himmel reichte.«

Foto 5: Ein Engel vom Kalvarienberg 
Die altslavische  Bibelapokryphe ist aber sehr viel detailreicher als der kurze Text im »Alten Testament«. So erfahren wir (4), dass rechts und links von jeder Leiterstufe »menschliche Gesichter« zu sehen waren. Dann aber präzisiert der Text (5): »Gesichter, die bis zur Brust reichten«. Offenbar standen also auf jeder Stufe rechts und links so etwas wie Büsten, womöglich auch Statuen. Die »Himmelsstiege von Bad Tölz« kommt mir in den Sinn. Anno 1718 gab es hoch über dem Isartal nur eine Himmelsstiege: im Freien.  1726 wurde die »Kreuzkirche« auf dem Kalvarienberg über die »Himmelsstiege« gebaut.

Ehrfürchtig steht der fromme Pilger vor einer breiten Holztreppe, die aber offenbar nur von Engeln und hoher Geistlichkeit beschritten werden darf. Rechts und links davon führen steinerne Treppen nach oben. Die mittlere Treppe, so lesen wir auf einer Schrifttafel, wurde »nach dem Muster der wahren heiligen Stiege zu Rom hier errichtet und durch Einlegung mehrerer heiliger Reliquien eingeweiht«. Die seitlichen Treppen sind für profanere Besuche bestimmt.

Rechts und links von der eigentlichen Himmelsstiege stehen Engel,  just wie es der altslavische Text zu beschreiben scheint. Die Himmelsstiege von Bad Tölz wie die zu Rom verbindet auf plastische Weise irdische mit himmlischen Gefilden. Freilich ist die »Leiter Jakobs« im altslavischen Text recht kurz. Nur zwölf Stufen müssen die Engel überwinden, um von der Erde in den Himmel oder aus dem Himmel zur Erde zu gelangen.

Foto 6: Die Himmelsstiege von Bad Tölz
Der Übergang in den »Himmel« freilich erfordert im altslavischen Text einigen Mut (6): »Und die Spitze der Leiter war ein Antlitz wie eines Menschen, aus Feuer behauen.« Der unbekannte Textautor vergleicht das Tor zum Himmel mit einem »Antlitz eines Menschen, aus Feuer behauen«. Darf man den Text beim Wort nehmen? Dann gab es da eine »Leiter«, die zwölf »Sprossen« hatte und in ein Etwas mündete, das wie ein feuriges Menschenantlitz aussah. Prof. Ernst Bammel (*1923, †1996) versicherte mir, dass es nach jüdischer Legende aus dem ersten oder zweiten Jahrhundert nach Christi Geburt über dem Boden ein »Tor zum Himmel« gab. Ein »Stargate«? War dieses »Tor zum Himmel« so schrecklich, dass die Menschen sich fürchteten? Denn als schrecklich und fürchterlich wird der Übergang beschrieben, der Ein- und Ausgang, das »Himmelstor«.

Wie dürfen wir uns ein Tor zum Himmel vorstellen? Als realen Ort des Wechsels vom Irdischen ins Himmlische und umgekehrt?

Fußnoten
Foto 7
1) 1. Buch Mose Kapitel 28, Verse 11 und 12
2) Petkov, Julian: »Altslavische Eschatologie: 

Texte und Studien zur apokalyptischen Literatur 
in kirchenslavischer Überlieferung«, Tübingen 2016, 
Seite 320, »Text der ›Leiter Jakobs‹«, I. 1 und 2
3) Hier liegt wohl ein Druckfehler in der von mir 

zitierten Quelle vor. Jakob legte ja wohl kaum einen, 
sondern seinen Kopf auf einen Stein. 
Man darf ja wohl davon ausgehen, dass Jakob 
nur einen Kopf hatte!
4) Petkov, Julian: »Altslavische Eschatologie: 

Texte und Studien zur apokalyptischen Literatur in 
kirchenslavischer Überlieferung«, Tübingen 2016, 
Seite 320, »Text der ›Leiter Jakobs‹«, I. 1, 4 und 5
5) ebenda
6) ebenda, I.3


Zu den Fotos
Foto 8
Foto 1:Jakobs Traum von der Himmelsleiter,  Kupferstich von 1694. Archiv Walter-Jörg Langbein
Foto 2: Jakobs Himmelsleiter in  einer niederdeutsche Lutherbibel, spätes 16. Jahrhundert
Foto 3: Der Kalvarienberg, Bad Tölz, Foto Heidi Stahl Mai 2014, copyright Heidi Stahl
Foto 4: Kreuzkirche Bad Tölz, Foto Heidi Stahl, copyright Heidi Stahl
Foto 5: Ein Engel vom Kalvarienberg Bad Tölz Heidi Stahl, copyright Heidi Stahl
Foto 6: Die Himmelsstiege von Bad Tölz, Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 7: Engel an der Himmelsstiege, Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 8: Engel rechts und links der Stufen, Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 9: Gemälde von Michael Willmann  (1630–1706), wikimedia
commons/ public domain

Ein herzliches Dankeschön geht an Hedi Stahl für ihre vorzüglichen Fotos (3-5). Das Copyright für die Fotos hat natürlich Heidi Stahl!


413 »Jakob und das schreckliche Tor zum Himmel«,
Teil  413 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«                         
von Walter-Jörg Langbein,                       
erscheint am 17.12.2017



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Sonntag, 3. Dezember 2017

411 »Vom Setzling und den Astronautengöttern«

Teil 3 von »Von einem, der auszog, um Pfarrer zu werden«,
Teil  411 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«                         
von Walter-Jörg Langbein 

3.12.2017                      

Foto 1: Adam und Eva von Urschalling.

Kurz vor Weihnachten 1968. Bundesweit diskutiert man über Erich von Dänikens »Erinnerungen an die Zukunft«. Kaum eine Unterrichtsstunde vergeht ohne einen Hinweis auf Erich von Däniken. On Mathematik oder Musik, ob Geschichte oder Physik. Besonders angetan von den Theorien des Schweizer Bestsellerautoren ist Musiklehrer Heinz Müller-Beck. Mit Däniken gar nichts anfangen kann unser Religionslehrer, ein behäbiger Pfarrer, mit der Neigung zu drastischer Ausdrucksweise. »Das ist doch alles ein Scheiß!« pflegte der Gottesmann zu sagen, wenn es ihm an Gegenargumenten gebrach.

Foto 2: Adam von Urschalling.

Einmal hielt ich im Religionsunterricht einen kleinen Vortrag über »Erinnerungen an die Zukunft« unter besonderer Berücksichtigung biblischer Texte, von Babel bis Bomben auf Sodom, von Himmelfahrt Jesu bis Hesekiels Raumschiff. »Das ist doch alles ein Scheiß!« ließ der Religionslehrer wieder einmal vernehmen. Auf meine Frage, ob er denn wirklich genau wisse, dass Dänikens Interpretationen falsch seien, kam wieder sein »Das ist doch alles..«, gefolgt von »Ich habe die biblischen Texte in den Originalsprachen gelesen, da kommen keine Außerirdischen drin vor!«

Diese grimmig vorgetragene Äußerung des Geistlichen war mit einer der zentralen Gründe für mich, evangelische Theologie zu studieren. Ich wollte auch die Bibel in den Originalsprachen Hebräisch und Griechisch lesen. Ich wollte selbst herausfinden, ob die Originaltexte nicht vielleicht mehr über die »Astronautengötter« aussagten als die modernen Übersetzungen. Tatsächlich wurde ich fündig!Im Alten Testament schufen »Elohim«, also »Götter« (Mehrzahl) als erste Menschen Adam und Eva.

Foto 3: Eva ...
Laut Genesis (1. Buch Mose Kapitel 2 Vers 21) entstand Eva aus einer Rippe Adams. »Ti«, so heißt im Sumerischen das Zeichen für „Rippe“. Die Grundgedanken des biblischenSchöpfungsberichts basieren auf Überlieferungen aus dem Sumerischen.  »Ti« bedeutet aber gleichzeitig auch »Lebenskraft«. Darf man also übersetzen „Die Götter nahmen von Adams Lebenskraft.“? Wenn die »Elohim« Astronautengötter waren, entstand dann Eva als ein wissenschaftliches Experiment?

Was den Astronautengöttern vor Jahrtausenden möglich war, das mag schon heute klammheimlich in Laboren geschehen.  Täuschen wir uns nicht! Was wissenschaftlich möglich ist, es geschieht auch. Auch wenn viele Wissenschaftler aus ethischen Gründen auf  Experimente verzichten, es wird irgendwo schon längst skrupellose Wissenschaftler geben, die Gott spielen wollen.

Die Lebenskraft hat ihren Sitz in der Zelle. Gene sind Informationsträger der Vererbung. Die Grundinformation liegt bereits im DNS- Molekül. Durch künstlich herbeigeführte  Mutationen in diesem Bereich werden die Erbfaktoren verändert. So dürfte es möglich sein, intelligente »Tiermenschen« zu erschaffen schaffen, die der Sprache mächtig sind. An solchen Kreaturen dürften zum Beispiel Diktatoren interessiert sein. Warum? Sie träumen womöglich von einem Heer von Soldaten, von Wesen ohne Selbsterhaltungstrieb, von idealen Kämpfern ohne Skrupel.

Foto 4: Abel
Foto 5: Kain
Spekulieren wir weiter: Nehmen wir an, ein gentechnisch manipulierter Adam wurde geschaffen. Damit es aber nicht bei diesem einem Individuum bleibt, damit die veränderten Erbanlagen auch weitergegeben werden, muss der mutierte Chromosomensatz einem weiblichen Wesen eingepflanzt werden. Und just dieser Vorgang wird, so scheint mir, im »Schöpfungsbericht« der Bibel beschrieben, was freilich nur das hebräische Original erkennen lässt. Unsere Übersetzungen hingegen lassen die ursprüngliche Aussage nicht mehr auch nur erahnen. Schlagen wir also das 1. Buch Mose Kapitel 4 Vers 25 auf.  Ich wiederhole: Man muss den Text freilich wörtlich aus dem Hebräischen übersetzen, um den eigentlichen Sinn zu erkennen, der den Lesern heutiger, moderner Bibelausgaben fremd bleibt. Wie heißt es in gängigen Übersetzungen?

So lesen wir in der »Luther-Bibel«, Ausgabe 2017: »Adam erkannte
abermals seine Frau, und sie gebar einen Sohn, den nannte sie Set: ›Denn Gott hat mir einen andern Sohn gegeben für Abel, den Kain erschlagen hat.‹« Konsultieren wir die »Elberfelder Bibel«:  »Und Adam erkannte noch einmal seine Frau, und sie gebar einen Sohn und gab ihm den Namen Set: Denn Gott hat mir einen anderen Nachkommen gesetzt anstelle Abels, weil Kain ihn erschlagen hat.« Lassen wir noch die »Schlachter-Bibel« von 1951 zu Wort kommen: »Und Adam erkannte sein Weib abermal; die gebar einen Sohn und nannte ihn Seth; denn Gott hat mir für Abel einen andern Samen gesetzt, weil Kain ihn umgebracht hat.«

Die »Einheitsübersetzung« bemüht sich immerhin um Klärung der Frage, warum denn nun Eva ihren dritten Sohn Seth genannt hat. Des Rätsels Lösung: Der hebräische Name »Seht« (andere Schreibweise ist »Schet«) lässt sich übersetzen. Und diese Übersetzung wird in der »Einheitsübersetzung« in Klammern angegeben: »Adam erkannte noch einmal seine Frau. Sie gebar einen Sohn und nannte ihn Set (Setzling); denn sie sagte: Gott setzte mir anderen Nachwuchs ein für Abel, weil ihn Kain erschlug.«

Foto 6: Adam und Eva, Höxter
Auch diese Übersetzung mutet noch etwas seltsam an. Wie sollen wir den verstehen, dass »Gott« ihr »anderen Nachwuchs« einsetzte? Die Luther-Bibel von 1912 ist genauer in ihrer Übersetzung:  Sie verrät uns, dass Eva ihren 3. Sohn Seth nannte, »denn Gott hat mir, sprach sie, einen andern Samen gesetzt für Abel, den Kain erwürgt hat.« Dem »fremden Samen« begegnen wir auch in der Luther-Bibel von 1545: »Adam erkandte aber mal sein weib / vnd sie gebar einen Son den hies sie Seth / Denn Gott hat mir (sprach sie) einen andern samen gesetzt fur Habel den Kain erwürget hat.«

Die wortwörtliche Wiedergabe, die wortgetreue Übersetzung aus dem hebräischen Original lautet: »Und Adam schwängerte nochmals seine Frau, und sie gebar einen Sohn, den nannte sie Setzling (oder: Eingepflanzter), denn gesetzt haben mir die Elohim (die Götter) fremden Samen für Abel, welchen Kain erschlug.«

Der Vollständigkeit halber: Analysiert man den vorliegenden Satz im Hebräischen gründlich, dann scheint da etwas nicht zu passen. Es gibt nur eine Erklärung! Es wurden offensichtlich zwei Sätze aus verschiedenen Urquellen miteinander verknüpft. Satz 1 berichtet »Und Adam schwängerte nochmals seine Frau und sie gebar.« Satz 2 ist in wörtlicher Rede gefasst und erklärt, warum Eva den Knaben Seth, nämlich Setzling nannte: »Denn gesetzt haben mir »Elohim« die Götter fremden Samen für Abel, welchen der Kain erschlug.« Beide Sätze, wobei der zweite älter sein dürfte, als der erste, wurden miteinander vermengt. Im Hebräischen ist noch zu erkennen ist, dass da zwei Sätze wie zwei nicht wirklich zusammen passende Puzzleteile in ein Bild gepresst wurden, während dieser Sachverhalt in späteren Übersetzungen entstellt wurde.

Demnach war Adam nicht der biologische Vater von Seth, wurde doch der Eva fremder Same »gesetzt«. Warum scheuen Bibelübersetzer davor zurück die Sache mit Seth zu erklären? Wieso vermeiden Bibelübersetzer den Hinweis auf die Bedeutung des Namens Seth? Rühmliche Ausnahme ist Martin Buber.

Foto 7
Wer das »Alte Testament« im Original lesen möchte, muss das biblische Althebräisch beherrschen und kann überprüfen, ob Übersetzungen der Texte korrekt erfolgt sind. Dem Original sehr viel näher als andere kommt die »Verdeutschung« des »Alten Testaments« von Martin Buber und Franz Rosenzweig (1). Buber wählte bewusst den Ausdruck »Verdeutschung«, weil er bemüht war, so viel wie möglich vom Original zu erhalten.

Martin Buber (1925-1978) war ein weltweit geachteter österreichisch-israelischer jüdischer Religionsphilosoph. Intensiv wie kein anderer Gelehrter setzte er sich mit den Schriften des »Tenach«, in unseren Gefilden als »Altes Testament« bekannt, auseinander. Der Philosoph und Schriftkundige war zeitlebens bemüht, die altehrwürdigen Texte so ins Deutsche zu übertragen, dass möglichst alle sprachlichen Besonderheiten erhalten blieben. Wie Buber in einem Interview erklärte, ging es ihm dabei nicht um die Untermauerung einer Lehre oder Theologie. Vielmehr wollte er, sinnbildlich gesprochen, ein Fenster zur Welt des »Tenach« aufstoßen.

Martin Buber gibt Genesis 4, Vers 25 wie folgt wieder (2): »Adam erkannte nochmals sein Weib und sie gebar einen Sohn. Sie rief seinen Namen: Schet, Setzling! Denn gesetzt hat Gott mir einen andern Samen für Habel, weil ihn Kajin erschlug.« Das Einsetzen fremden Samens klingt in meinen Ohren mehr nach außerirdischen Experimentatoren als nach einem biblischen Gott.

Übrigens: Der Sachverhalt des Einpflanzens fremden Samens wird, dies als interessante Ergänzung, auch im altindischen »Nala und Damayanti«, einem Teilstück des altindischen Epos »Mahabharata«, unabhängig vom Alten Testament Jahrtausende zuvor entstanden, gleichfalls beschrieben (2). Da erhält die Frau des Herrschers Bhima von den Göttern, vermittelt von einem Rsi, der zwischen himmlischen und irdischen Gefilden pendelte, Knaben- und Mädchenperlen. Diese werden eingepflanzt, die Königin wird schwanger und gebiert Kinder, just so, wie sie gewünscht worden waren, die Gene waren von den Göttern präpariert worden.

Foto 8: Eva am »Adam und Eva Haus«
Mein Fazit: Der Schöpfungsbericht im Alten Testament ist nicht Wort Gottes, er beschreibt vielmehr die Angelegenheiten der Götter.

Fußnoten
1) »Die Schrift. Aus dem Hebräischen verdeutscht von Martin Buber gemeinsam mit Franz Rosenzweig«, 4 Bände, 2688 Seiten, Deutsche Bibelgesellschaft, 1. Auflage, 1992
2) »Nala und Damayanti/ Eine Episode aus dem Mahabharata«, Stuttgart 1965

Zu den Fotos
Foto 1: Adam und Eva von Urschalling. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 2: Adam von Urschalling. Foto Walter-Jörg Langbei
Foto 3: Eva von Urschalling.  Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 4: Abel will Gott opfern. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 5: Kain will Gott opfern. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 6: Adam und Eva am »Adam- und Eva-Haus«, Höxter.
Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 7: Adam am »Adam- und Eva-Haus«, Höxter. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 8: Eva am »Adam- und Eva-Haus«, Höxter. Foto Walter-Jörg Langbein


412 »Jakobs Himmelsleiter und das Tor zum Himmel«,
Teil  412 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«                         
von Walter-Jörg Langbein,                       
erscheint am 10.12.2017


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