Sonntag, 30. Dezember 2018

467 »Der mysteriöse Jodutenstein, Gott Mars und die Mutter der Kälte«


Teil 467 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


Foto 1: Die Bartholomäuskapelle
Sorgfältig befestigen einige Männer ein seltsames Bildnis an einer hohen Stange. Sie stellen die Stange auf, wie einen Mast. Hoch oben: ein Idol, so etwas wie ein Gott, vielleicht furchteinflößend. Und dann bewerfen die Menschen das mysteriöse Ding hoch auf dem Mast, immer wieder. So eine Szene könnte in einem Science-Fiction-Film zu sehen sein. Thema: Kurioser Kult auf einem fremden Planeten. Tatsache ist aber: Szenen wie die beschriebene haben sich auf Planet Erde abgespielt: im Hof eines altehrwürdigen Doms.

Nordöstlich der Bartholomäuskapelle, wenige Schritte vom Dom zu Paderborn entfernt, suchten Archäologen nach Hinweisen auf Vorgängerbauten. Das kleine Gotteshaus mit einer hervorragenden Akustik wurde um das Jahr 1017 (nur wenige Meter vom mächtigen Dom entfernt) errichtet. Warum ausgerechnet das sumpfige Quellgebiet der Pader als Baugrund gewählt wurde? Eine Erklärung: Das Gebiet galt schon bei den »Heiden« als heilig. Wo einst vielleicht eine Quellengöttin verehrt wurde, entstanden Dom und Kapelle.

Vermutlich existierte bereits vor der steinernen Bartholomäuskapelle ein hinfälligeres Kapellchen, womöglich vorwiegend aus Holz gebaut. Es brannte offenbar ab. Im Brandschutt fanden sich Reste einer mysteriösen Inschrift. Die Tafel war stark beschädigt, aber der Text, der einst auf dieser Tafel verewigt worden war, konnte mehr oder minder rekonstruiert werden: Karl der Große rühmte sich, einen »Drachen« besiegt zu haben. Wir dürfen annehmen, dass damit ein heidnischer Kult gemeint war, dessen Heiligtum einst vor dem Bau des Doms Gläubige in die Gefilde der Quellen von Paderborn lockte.

Foto 2: Karl der Große
Karl der Große war ja bekanntlich ein militanter Verfechter des Christentums, der heidnische Kultstätten zerstören ließ. Wem wurde im heidnischen Drachenheiligtum gehuldigt? Welche Göttin oder welcher Gott wurde verehrt? Wer im altehrwürdigen Domen nach Drachen sucht, wird fündig: zum Beispiel am den Kirchenbänken in der Krypta, die die Gläubigen zu Andacht und stillem Gebet laden.

Heftigste Widersache Karls des Großen waren die heidnischen Sachsen, die recht widerspenstig waren und so gar nicht den christlichen Glauben annehmen mochten. Fromme Predigten waren offenbar nicht überzeugend genug. Lange nach Karl, genannt »der Große« (*wahrscheinlich 747 oder 748), fand am 11. Februar 1115 auf dem Lerchenfeld im Welfesholz (1) eine Schlacht statt: Feldmarschall Hoyer erlitt für Kaiser Heinrich V. eine Niederlage. Siegreich endete das blutige Gemetzel für das Heer, angeführt vorwiegend von sächsischen Fürsten wie Herzog Lothar von Süpplingenburg und Bischof Reinhard von Blankenburg.

Stolz errichteten die siegreichen Sachsen ein Denkmal. Wir wissen nicht wirklich, wie es ausgesehen hat. Angeblich soll auf einer Säule die Statue eines sächsischen Ritters in voller Rüstung gestanden haben. Angeblich trug der Ritter in seiner linken Hand einen Schild mit dem sächsischen Wappen und in der rechten Hand einen mächtigen Morgenstern. Mit diesem furchteinflößenden Mordwerkzeug soll er so manchen Sachsen niedergestreckt haben. So zumindest überliefert es die »Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen«. In Band 1 dieses faszinierenden Werkes, »gesammelt und herausgegeben von Dr. Johann Georg Theodor Gräße«, anno 1855 im »Verlag von Schönfelds Buchhandlung« zu Dresden erschienen, finden wir einen kurzen Bericht (2) »Vom Abgott Jodute«.

Warum die Siegessäule Jodute genannt wurde? Wie dieser Name entstand, das ist bis heute umstritten. Eine Erklärung: Die kriegerischen Sachsen sollen vor einer Schlacht ihre Streitgefährten mit einem Schrei aufgefordert haben, gemeinsam gegen einen Feind ins Feld zu ziehen. Sie sollen »tiod-ute!«, »Zu den Waffen!«,  gebrüllt haben. Aus diesem »tiod-ute!« habe sich der Name »Jodute« entwickelt.

Foto 3: Stolz wie Hermann

»Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen« wiederum bietet eine ganz andere Erklärung (3)! Das Denkmal sei »Signum adjutorii« genannt worden, was zu Deutsch »Zeichen göttlicher Hilfe« heiße. Aus dem Lateinischen »adjutorii« hätten die Bauern »Jodutte« oder »Gedutte« gemacht, einfach weil sie das Lateinische nicht korrekt sprechen konnten. »Die Bauern beteten es an und meinten, dass sie durch die Hilfe von S(ankt). Jodutten den Streit gewonnen hätten.« Ich kann mir nicht vorstellen, dass selbst simpelste Gemüter ein Kriegerdenkmal für die Darstellung eines Gottes hielten. Das berühmte Hermannsdenkmal bei Detmold zeigt keinen Gott, sondern einen legendären Krieger.

Schlichte Touristen mögen heute glauben, dass »der Hermann« pünktlich um 12 Uhr das Schwert von einer Hand in die andere gibt, nicht aber, dass der eiserne Hermann (Foto 3) ein Gott sein soll. Meiner Meinung ist die lateinische Erklärung nicht sehr überzeugend. Vielmehr glaube ich, dass es einst eine Gottheit namens Jodutte gab, für die zum Dank ein Denkmal errichtet wurde. Wie dem auch sei: Noch Ende des 13. Jahrhunderts sollen unzählige Menschen zu  »Jodute« geströmt sein, so wie heute an sonnigen Sommertagen zum »Hermanns-Denkmal« im Teutoburger Wald.

Foto 4: Einer der Drachen im Dom zu Paderborn

Der Ort, wo der  Jodute stand, wurde bald zur Wallfahrtsstätte. Es muss sich bald ein solcher Rummel um das Monument entwickelt haben, dass sich Kaiser Rudolf von Habsburg empörte. Ihm war das Denkmal ein großes Ärgernis, erinnerte es doch an eine empfindliche Niederlage der Kaiserlichen und wohl auch an das Weiterleben des Heidentums nach der Christianisierung. Anno 1289 ließ er den (die?) Jodute entfernen. Sie wurde ins Kloster Wiederstedt geschafft. An ihrem alten Standort wurde eine Kapelle errichtet. In dieser Kapelle wiederum wurde bald ein »Bildstock« aufgestellt, der der »Jodute« recht ähnlich gesehen haben soll. Vielleicht war es gar die Originaljodute selbst?

Meiner Meinung nach kann es sich bei der Figur, die einst auf der Siegessäule stand, nicht um die profane Darstellung eines Kriegers in Rüstung gehandelt haben. Die Bevölkerung jedenfalls glaubte, dass die Jodute über wundersame Kräfte verfügte. Kranke und gesunde Wallfahrer strömten herbei um dem Bildstock ihre Reverenz zu erweisen. Sie begnügten sich freilich nicht, die Jodute zu verehren oder vielleicht zur Jodute zu beten. Die Wallfahrer versuchten, zumindest einen Splitter der Jodute als eine Art Reliquie mit nach Hause zu nehmen. So wurde die mysteriöse Darstellung stark beschädigt, sie schwand nach und nach dahin. Restauriert wurde das kleine Heiligtum offenbar nicht. Anno 1570 schließlich entfernte man den »Bildstock« aus der Kapelle.

Foto 5: Und noch ein Drache im Dom (unweit der Krypta!)

Hinweise auf heidnische Drachen (Fotos 3, 4 und 5!) gibt es auch heute noch in der Krypta des Doms zu Paderborn. Spurlos verschwunden allerdings ist die Jodute von Paderborn. Von ihr will man offenbar in Kirchenkreisen heute überhaupt nichts mehr wissen.

Foto 6: Geschnitzte Drachen im Kampf (Dom zu Paderborn)

Zurück zur eingangs beschriebenen Szene! Jacob Grimm, der geradezu pedantische Erforscher deutscher Mythologie, berichtet von einem heute seltsam anmutenden Brauch, der im Domhof zu Paderborn zelebriert worden sein soll (4): »Im domhof zu Paderborn, da wo den (sic!) götze Jodute soll gestanden haben, wurde bis ins 16. Jahrhundert der tag dominica laetare etwas einem bilde gleich auf eine stange gesteckt, und von den vornehmsten des landes darnach mit prügeln geworfen, bis er nieder zur Erde fiel.« Jacob Grimm schreibt weiter (5): »War das bild abgeworfen, so trieben die kinder spott und spiel damit, und die adlichen feierten ein gastmal.«

Am 4. Fastensonntag wurde also im Domhof zu Paderborn »Götze Jodute« auf eine Stange gesteckt und mit »Prügeln« beworfen, und zwar so lang, bis das einst verehrte Idol zu Boden fiel. Der erste Wurf war der vornehmsten Familie vorbehalten, die dieses Privileg als große Ehre ansah. Lag Bode – vielleicht zertrümmert – am Boden, bedeutete das noch nicht das Ende der Schmähungen. Jetzt durften die Kinder mit der Figur spielen. Warum? Eine Vermutung liegt, meine ich, nahe: Noch im 15 und 16. Jahrhundert hatte »Götze Jodute« in Paderborn Anhänger. Für diese »Heiden« hatte so eine Götterfigur magische Kräfte. Ihnen sollte der Sieg über »Jodute« vor Augen geführt werden. Diesen Heiden sollte die Machtlosigkeit von »Jodute« vor Augen geführt werden, indem das einstige Idol verächtlich behandelt wurde. Nicht überliefert ist, wie erfolgreich auf diese Weise Noch-Heiden zum Christentum geführt wurden.

Foto 7: Gott Krodo
Karl, genannt »der Große« (*wahrscheinlich 747 oder 748) war es offensichtlich nicht gelungen, den Glauben an »Götze Jodute« auszulöschen. War er im Kampf gegen andere Gottheiten erfolgreicher? Dr. Johann Georg Theodor Gräße trug in seinem Werk »Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen« eine Fülle von Hinweisen in Sachen heidnische Gottheiten zusammen. Im sächsischen »Marsburg«, so Dr. Gräße, verehrten die Sachsen Gott Mars. Der Gott hieß bei den Sachsen »Armesule«. Ein »Armesule« habe sich auch in Corvey befunden. Eine lateinische Inschrift erklärte: »In Vorzeiten bin ich der Sachsen Gott gewesen, mich hat angebetet das Volk Martis, welches pfleget die Spitze zu führen.« Offenbar handelte es sich um den führenden Stamm der Sachsen, der das Idol anbetete. Karl der Große hat es vernichtet.

Im Harz, zwischen Blocksberg und der Stadt Goslar, genoss der »Abgott Krodo« hohes Ansehen bei den Sachsen. Einer seiner Beinamen lautete »Mutter der Kälte«. Das lässt vermuten, dass Krodo ursprünglich eine heidnische Göttin war. Wie sonst wäre der Beiname »Mutter« zu erklären. Zu seiner Empörung bezeichneten die Sachsen Krodo als »Gott«, für Karl V. war er der »Krodo-Teufel«. Konsequenz: Nach Dr. Gräße hat Karl der Große auch Krodos Denkmal zerstören lassen.


Foto 8: Sehr lesenswert!
Literaturempfehlungen:

Garbe, Burckhard: »Die schönsten Sagen zwischen Harz und Weser«, Kassel 2002 (»Der Götze Krodo in Harzburg«, S.91-95)

Vogler, Mike: »Hexen, Teufel und Germanen/ Teufelsglaube und Hexenwahn als Folge der Christianisierung/ Beispielhaft verdeutlicht am altsächsischen Gott Krodo«, Leipzig 2012


Fußnoten
(1) Stadt Gerbstedt im Landkreis Mansfeld-Südharz in Sachsen-Anhalt
(2) Gräße, Dr. Johann Georg Theodor: »Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen«, Dresden 1855, Seiten 27 und 28
(3) ebenda, Seite 28
(4) Grimm, Jacob: »Deutsche Mythologie«, Akademische Druck- und
     Verlagsanstalt Graz 1968, dreibändige Faksimile-Ausgabe der 4. Auflage,
     Berlin 1875-78, Band 3, Seite 7, Zeilen 10-14 von unten
(5) ebenda, Zeilen 6 und 7 von unten

Foto 9: Geschnitzte Drachen...
Zu den Fotos
Foto1: Die Bartholomäuskapelle. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 2: Karl der Große (Dürer). Foto gemeinfrei.
Foto 3: Stolz wie Hermann/ Das Hermannsdenkmal. Foto Walter-Jörg Langbein 
Foto 4: Einer der Drachen im Dom zu Paderborn. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 5: Und noch ein Drache im Dom (unweit der Krypta!). Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 6: Geschnitzte Drachen im Kampf (Dom zu Paderborn). Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 7: Gott Krodo. Stilisierte, symbolische Darstellung. Foto Archiv Walter-Jörg Langbein
Foto 8: Sehr lesenswert! Foto Verlag
Foto 9: Ein Besuch des Doms zu Paderborn lohnt sich! Foto Walter-Jörg Langbein

468 »Der Gott mit dem Fisch«,
Teil 468 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 06. Januar 2019




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Sonntag, 23. Dezember 2018

466 »Professor Robert Langdon und der Pfau«


Teil 466 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


Fotos 1 und 2: Zwei Drachen am Grabmal des Fürstbischofs Dietrich von Fürstenberg

Dan Brown hat ihn erfunden: Professor Robert Langdon. Der fiktive Professor unterrichtet das fiktive Fach »Religiöse Ikonologie und Symbologie«. Schade, dass es Professor Langdon, den  akademischen Indiana Jones, in der Realität nicht gibt. Denn er könnte so manches Geheimnis in Sachen Symbolik lösen. Uralte Symbole begegnen uns in unseren Kirchen. Was bedeuten sie wirklich? Sind sie heidnischen Ursprungs? Es gibt so viele spannende Fragen, die auf Antworten warten! Was, zum Beispiel, würde Professor Langdon zum Symbol des Schwans sagen?

Wir verlassen die Abdinghofkirche durch den Haupteingang, gehen einige Schritte bis zur Straße. Auf der anderen Straßenseite führt eine Treppe hinab zu Wiesen und sprudelnden Quellen. Wir aber folgen der Straße nach rechts. Wir gehen an der Abdinghofkirche entlang, sehen schon in geringer Entfernung den Dom. Wir nähern uns rasch dem Dom, passieren (auf der linken Seite) die Alexiuskapelle.

Foto 3: Die Abdinghofkirche (rechts) und Dom zu Paderborn (Mitte).

Das kleine Gotteshaus,  dem Heiligen Alexius (*?;†417/430) geweiht, entstand in den Jahren 1670 bis 1673 und wurde 1728 erweitert. So verlor die Kapelle ihre markante achteckige Form. Bereits um das Jahr 1000 gab es einen Vorgängerbau. Noch im Frühjahr 2018 wurden in der Alexiuskapelle russisch-orthodoxe Gottesdienste abgehalten.

Rasch haben wir den Dom erreicht. Wir betreten den Dom, halten uns rechts und stehen schließlich vor dem mächtigen Grabmal von Fürstbischof Dietrich Theodor von Fürstenberg (1). Bischof Dietrich von Fürstenberg (*1546 - 1618) hat das beeindruckende Monument (Höhe: 17,87 Meter) selbst bei Meister Heinrich Gröninger in Auftrag gegeben.

Foto 4: Linker Drachen

Unten links und rechts fallen uns bei guter Beleuchtung zwei Drachen auf. Häufig liegt das Grabmonument des zu Lebzeiten wegen seiner teilweise fast schon demokratischen Ansichten angefeindeten Kirchenmanns im Halbdunkel, so dass besonders der Drachen rechts außen versteckt im Halbschatten liegt. Der Fürstbischof selbst wird unten in der Mitte kniend dargestellt. Was aber mögen die Drachen bedeuten? Was wir nicht so recht verstehen, wird schnell zum »Symbol« erklärt. 

Foto 5: Rechter Drachen

So kann jedem vorchristlichen, also heidnischen Bild eine christliche Bedeutung zugeordnet werden. Auch und gerade in diesem Zusammenhang muss immer wieder auf das bedeutsame Werk von Jacob Grimm hingewiesen werden. Jacob Grimm veröffentlichte anno 1835 sein Werk »Deutsche Mythologie«, das anno 2007 erneut und komplett publiziert wurde (2). Mir liegt ein Faksimile-Nachdruck der 4. Auflage vor, die ursprünglich in den Jahren 1875 bis 1878 erschienen ist (3).

Als ich in den 1970er Jahren evangelische Theologie studierte, wurde uns im Fachbereich Kirchengeschichte der Sieg des Christentums über das Heidentum gelehrt. Doch das Heidentum verschwand nicht spurlos von heute auf morgen, um dem Christentum Platz zu machen. Die »Heiden« gaben nicht einfach ihren alten Glauben auf. Jacob Grimm schreibt (4):

Foto 6: Pfauenbrunnen und Dreihasenfenster

»Obschon das untergehende heidenthum von den berichterstattern geflissentlich in schatten gesetzt wird, bricht doch zuweilen rührende klage über den verlust der alten götter, oder ehrenwerther widerstand aus gegen die äußerlich aufgedrungene neuerung.«  Mit anderen Worten: Missionierte wehrten sich, leisteten Widerstand gegen die von außen aufgezwungene Neuerung. Neuchristen, die den fremden Glauben angenommen hatten, beklagten sich über den Verlust der alten Götter. Heute leben wir in Deutschland in einem nach wie vor sehr stark vom Christentum geprägten Land.

Unsere Wurzeln sind nun einmal christlich, auch wenn viele diese unbestreitbare Tatsache leugnen. Nicht weniger verwechseln auch die Aufgabe der eigenen Wurzeln mit »Toleranz«. Das Heidentum war der alte, das Christentum der neue Glaube. Und der neue Glaube, so konstatiert Jacob Grimm (5), kam in einer fremden, Sprache, so wie der Islam in einer fremden Sprache zu uns kommt. Allerdings zeigten sich christlichen Missionare (Jacob Grimm nennt sie »bekehrer«) oft sehr viel toleranter. Diese »Toleranz« war freilich wohl das Ergebnis von Einsicht und von Kompromissbereitschaft.

Foto 7: Der Pfauenbrunnen unter dem Dreihasenfenster.

Die »Heiden« waren offensichtlich nicht dazu bereit, den alten Glauben aufzugeben und durch den neuen, sprich den christlichen zu ersetzen (6). Also ließ man den »Heiden« die alten »heiligen Stätten«, wies ihnen aber eine nicht minder heilige Bedeutung zu. So können wir davon ausgehen, dass uralte heilige Symbole auch heilige Symbole blieben, aber sanft christlich interpretiert wurden. Heidnisches Brauchtum wurde nicht verdammt, es wurde nur umbenannt. Allerdings rückten dann Jesus, Marie und Heilige an die Stellen der alten heidnischen Götter.
 
Jacob Grimm kritisierte aber auch die »bekehrer«, die eben auch höchst intolerant und zerstörerisch auftraten (7): »Anderntheils zerstörte und unterdrückte die frömmigkeit christlicher priester eine menge heidnischer denkmale, gedichte und meinungen, deren vernichtung historisch schwer zu verschmerzen ist.« Es wurde uraltes heidnisches Kulturgut ausgelöscht. »Heidnische Denkmale« wurden zerstört, was für Jacob Grimm »historisch schwer zu verschmerzen ist«. 


Foto 8: Der Pfau am kleinen Eingang zur Bischofskrypta

Historisch schwer zu verschmerzen ist es auch, wenn radikale Islamisten uralte fremde heilige Stätten verwüsten und Kulturgüter zerstören, so wie im Norden Malis geschehen. »Spiegel online« titelte »Islamisten zerstören Weltkulturerbe« (8). Ähnlich barbarisch gingen Islamisten in Syrien vor (9). Meldungen aus Bagdad lösten weltweit Empörung aus, als Islamisten (10) zunächst die Bibliothek und das Museum in der irakischen Stadt Mossul verwüsteten. Mit Bulldozern attackierten »Kämpfer der Terrormiliz ›Islamischer Staat‹ antike Stätten. Für die IS-Dschihadisten waren Jahrtausende alte Statuen aus der Provinz Ninive Götzenfiguren, geschaffen von den Assyrern und anderen Völkern, die der Vielgötterei dienten. So schlug man mit mächtigen Hämmern auf kostbare antike Stücke ein und setzte auch einen Presslufthammer ein. In einem kurzen Film erklärte ein IS-Anhänger nicht ohne Stolz, auch der Prophet Mohammed habe alle Götzenfiguren zerstört. Diese »Tradition« setzte man sehr viel wirkungsvoller zu Beginn des 21. Jahrhunderts nach Christus fort.

Es ist den »bekehrern« also nicht gelungen, das Heidentum auszulöschen. So erkannte Jacob Grimm (11) Spuren des Heidentums bei den Friesen noch im 9., bei den Sachsen noch im 10. und bei den Schweden noch bis ins 12. Jahrhundert. Es könnten also im und am Bremer Dom durchaus noch Spuren des Heidentums zu entdecken sein. Es ist also durchaus möglich, dass vermeintlich christliche Symbole in Wirklichkeit nur christianisiere heidnische Symbole sind. Ein solches ursprünglich rein heidnisches Symbol ist der Pfau, der vom Christentum vereinnahmt wurde. Wir finden den Pfau im unterirdischen Vorraum zur Bischofsgruft in einem farbig gehaltenen Mosaik. An sehr dominanter Stelle direkt über den Eingang zur Bischofsgruft entfaltet er sein stolzes Gefieder. Und auf dem Domhof in unmittelbarer Nähe des berühmten »Dreihasenfensters« krönt wiederum ein Pfau einen munter sprudelnden Brunnen.

Laut einer frommen Legende holte im 9. Jahrhundert eine geistliche Delegation die Gebeine des »Heiligen Liborius« von Chartres über Paris auf Umwegen nach Paderborn. Ein Pfau wies ihnen den Weg, flog ihnen voraus und landete schließlich in Paderborn. Am Ziel angekommen starb der Pfau. Der Pfau freilich kam von noch weiter her in unsere Gefilde. Kam er, so wie die »arabischen Zahlen«, ursprünglich aus Indien? Dort betrachtete man ihn als Reittier von Shivas Sohn Murugan (auch Skanda genannt). Murugan galt als Bruder des elefantenköpfigen Ganesha. Gott Indra war für segensreichen Regen zuständig. Manchmal wird Indra als Pfau dargestellt. Wegen seines »prunkvollen Rades«, so berichtet Symbolexperte Dr. Hans Biedermann in »Knaurs Lexikon der Symbole« (12), galt er in Indien auch als Sonnensymbol.

Von Indien dürfte der »heilige Pfau« nach China gelangt sein. Dort hatte er große symbolische Bedeutung, dort wurde (13) eng mit der Ming-Dynastie verbunden. Man kann sagen: Er gilt als Sinnbild für das Königtum schlechthin. »Seine Federn werden mit dem Himmelsrad verglichen und (er) stellt die Sonne, den Mond, das Himmelsgewölbe und die Sterne dar. Er ist damit auch eng mit dem Lebensbaum verbunden, ein wichtiges Symbol in Persien und Babylon und Pfauenthrone waren hier der bevorzugte Sitz der Könige.«

Foto 9: Ein leibhaftiger Pfau schlägt sein Rad
 
Der Pfau galt also in großen alten Kulturen als mächtiges, ja kosmisches Symbol. Wie kam er in christliche Gefilde? Wo wurde er zum ersten Mal als frühchristliches Symbol eingesetzt? Geschah dies erstmals in der Provinz Mauretanien, Nordafrika? Dort entstanden stark stilisierte Darstellungen von Pfauen. Gab es eine allgemein gültige Erklärung für das christliche Symbol »Pfau«? Häufig wird Augustinus angeführt und auf sein Werk »De civitate Dei« hingewiesen. Man glaubte offenbar, dass das Fleisch des Pfaus unverweslich sei. Interpretierte man also den Pfau als Symbol für Unsterblichkeit?

Eine völlig andere Interpretation hörte ich während meines Studiums der evangelischen Theologie, in einem Seminar über christliche Symbolik in der Kunst. Botticelli fertigte ein Bildnis an, das die Heiligen Drei Könige und allerlei sonstiges fremdes Volk an der Krippe mit dem Jesuskind zeigt. Deutlich zu sehen ist im Bild ein stolzer Pfau. Uns Theologiestudenten wurde damals in Erlangen erklärt, der Pfau symbolisiere die Anziehungskraft des christlichen Glaubens auf fremde Völker, oder die fremden Völker selbst, die Jesus huldig(t)en.

Professor Langdon, bitte melden!

Foto 10: Die Alexiuskapelle.

Fußnoten
(1) Siehe hierzu auch Alois Schröer, Alois: »Die Kirche in Westfalen im Zeichen der Erneuerung«, Münster 1987, S. 108–135.
(2) Grimm, Jacob: »Deutsche Mythologie«, Wiesbaden 2007
(3) Grimm, Jacob: »Deutsche Mythologie«, Akademische Druck- und Verlagsanstalt Graz 1968, dreibändige Faksimile-Ausgabe der 4. Auflage, Berlin 1875-78
(4) ebenda,  Band 1, Seite 4, Zeilen 5-9 von unten (Rechtschreibung unverändert übernommen)
(5) ebenda, Band 1, Seite 4 Mitte: »Der neue glaube erschien im geleit einer fremden sprache.«
(6) ebenda, Band 1, Seite 5 oben: »Es war auch weise oder kluge maßregel, viele heidnische plätze und tempel beizubehalten, indem man sie, wo es angieng, nur in christliche verwandelte, und ihnen andere, gleichheilige bedeutung überwies. Die heidnischen götter selbst wurden zwar als unmächtige im gegensatz zu dem wahren gott dargestellt, doch nicht überall als machtlose an sich selbst, sondern in feindliche, böse gewalten, in teufel, zauberer und riesen, verkehrt, die unterliegen müssen, denen aber noch eine gewisse schädliche thätigkeit und einwirkung beigelegt werden konnte. Einzelne heidnische überlieferungen und abergläubische gebräuche dauerten fort, indem sie bloß namen änderten, und auf Christus, Maria und die heiligen anwendeten, was vorher von den götzen erzählt und geglaubt wurde.«
(7) ebenda, Band 1, Seite 5, Zeilen 13-16 von oben
(11) Grimm, Jacob: »Deutsche Mythologie«, Akademische Druck- und Verlagsanstalt Graz 1968, dreibändige Faksimile-Ausgabe der 4. Auflage, Berlin 1875-78, Band 1, Seite 3, Zeilen 9-12 von unten
(12) Biedermann, Hans: »Knaurs Lexikon der Symbole«, München 1989, Seite 333, Stichwort »Pfau«

Foto 11: Der Pfau am kleinen Eingang zur Bischofskrypta
Zu den Fotos:
Fotos 1 und 2: Zwei Drachen am Grabmal des Fürstbischofs Dietrich von Fürstenberg. Fotos Walter-Jörg Langbein
Foto 3: Die Abdinghofkirche (rechts) und Dom zu Paderborn (Mitte). Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 4: Drachen am Grabmal des Fürstbischofs Dietrich von Fürstenberg links.
Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 5: Drachen am Grabmal des Fürstbischofs Dietrich von Fürstenberg rechts.
Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 6: Pfauenbrunnen und Dreihasenfenster, Dom zu Paderborn. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 7: Der Pfauenbrunnen unter dem Dreihasenfenster. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 8: Der Pfau am kleinen Eingang zur Bischofskrypta, Dom zu Paderborn. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 9: Ein leibhaftiger Pfau schlägt sein Rad (Paradiesmühle Rischenau-Lügde). Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 10: Die Alexiuskapelle. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 11: Der Pfau am kleinen Eingang zur Bischofskrypta, Dom zu Paderborn. Foto Walter-Jörg Langbein

467 »Der mysteriöse Jodutenstein, Gott Mars und die Mutter der Kälte«,
Teil 467 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 30.12.2018
 



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Sonntag, 16. Dezember 2018

465 »Monster im Meer?«

Teil 465 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein



Branko Čanak glaubt, dass die acht Drachen in der Gruft der Abdinghofkirche eine äußerst nützliche Tätigkeit ausüben. Die geheimnisvollen Wesen in der Krypta der Abdinghofkirche sind seiner Meinung nach (1) »Wasserdrachen, Hüter der Paderquellen und älteste Bewohner der Gegend«.

Jahrtausende älter ist Drachen Mušḫuššu (vermutlich Musch-chusch-schu ausgesprochen) aus dem uralten Reich der Sumerer. Eine schöne Darstellung dieser Kreatur zierte einst das legendäre Ištar-Tor, das heute im Pergamon-Museum, Berlin, bestaunt werden kann.

Foto 1: Drachen Mušḫuššu

Hesekiel siedelt Drachen auch im Wasser an, nämlich »im Meer«. Gab es Monster im Meer? Und er hebt im Vergleich die gewaltige Stärke der Meeresdrachen hervor. In der unrevidierten Lutherbibel von 1545 lesen wir (2): »Du Menschenkind, mache eine Wehklage über Pharao, den König zu Ägypten, und sprich zu ihm: Du bist gleichwie ein Löwe unter den Heiden und wie ein Meerdrache und springest in deinen Strömen und trübest das Wasser mit deinen Füßen und machst seine Ströme trübe.«

Martin Buber (1925-1978) war ein weltweit geachteter österreichisch-israelischer jüdischer Religionsphilosoph. Intensiv wie kein anderer Gelehrter setzte er sich mit den Schriften des »Tenach«, in unseren Gefilden als »Altes Testament« bekannt, auseinander. Wer ohne des Hebräischen kundig zu sein wissen möchte, wie die Texte des »Alten Testaments« im Hebräischen lauten, ist mit der buberschen Übersetzung (3) bestens beraten. Martin Buber war bemüht, die altehrwürdigen Texte so ins Deutsche zu übertragen, dass möglichst alle sprachlichen Besonderheiten erhalten blieben. Wie Buber in einem Interview erklärte, ging es ihm dabei nicht um die Untermauerung einer Lehre oder Theologie. Vielmehr wollte er, sinnbildlich gesprochen, ein Fenster zur Welt des »Tenach« aufstoßen. Buber übersetzt (4): »Du … warst … wie der Drache im Meer.«

Foto 2: 2 der 8 Drachen in der Krypa der Abdinghofkirche

 In der »Elberfelder Bibel« sucht man vergeblich nach dem Drachen, stattdessen wird da übersetzt: »…und doch warst du wie ein Seeungeheuer in den Meeren.« Eine Fußnote erklärt: »Gemeint ist das Krokodil im Nil.« Das glaube ich nicht! Denn es ist im Text, daran gibt es keinen Zweifel, vom »Meer« und nicht vom »Nil« die Rede. »Hoffnung für alle« verzichtet auf eine Fußnote und macht in der »Übersetzung« das »Meer« zum »Nil«, in dem sich tatsächlich Krokodile tummelten: »Doch du gleichst eher einem Krokodil im großen Fluss!« Ganz ähnlich verfährt die »Menge Bibel«: » … und (du) warst doch nur wie ein Krokodil im Nilstrom.« Vom Krokodil im Nil fabuliert auch die französische Version des »Alten Testaments«, »Bible du Semeur« (5).

»Schlachter 2000« belässt es beim Meer, lässt aber den Drachen verschwinden: » … und du warst wie ein Seeungeheuer in den Meeren.« Die Übersetzer der »Zürcher Bibel« haben wohl erkannt, dass der Nil kein Meer ist. Also verwandelten sie das Meer des Originaltextes verallgemeinernd in Wasser und machten aus dem Drachen wiederum ein Krokodil: »Und du warst wie das Krokodil im Wasser.« Die »Gute Nachricht Bibel« hat keine Angst vor dem Drachen und übersetzt mutig: »Von allen Königen warst du der größte, du Drachenungetüm im weiten Meer!« Auch in der »Neuen Evangelischen Übersetzung« finden wir wieder »unseren« Drachen, der sich freilich nicht mehr im Meer tummelt: »Ein Junglöwe unter den Völkern warst du, wie ein Drache in den Seen.«

Foto 3: Buch Hesekiel, Piscatorbibel 1684

Die »English Standard Version« belässt es beim Drachen in den Meeren: »But you are like a dragon in the seas;« (»Aber Du bist wie ein Drachen in den Meeren;«). Auch im englischsprachigen Raum ist man sich nicht einig. Die »New International Version« vermeldet: »You are like a monster in the seas.« (»Du bist wie ein Monster in den Meeren.«) Die »King James Version« schreckte vor dem Drachen zurück, wollte aber ein Nilkrokodil nicht in die Meere verfrachten und erklärte den Drachen geschwind zum Wal, genauergesagt sie vergleicht den Drachen mit einem Wal (6): »Du bist wie ein Wal in den Meeren.«

Drachen? Monster? Krokodil? Wal? Verlassen wir die widersprüchlichen Übersetzungen und wenden wir uns älteren Quellen zu. Hieronymus übersetzte von 382 bis 420 n.Chr. das »Alte Testament« neu ins Lateinische (»Biblia Latina«) (7). Im Lateinischen stoßen wir wieder auf den Drachen (8), zu Deutsch: »Du bist gleichgemacht … dem Drachen.« Älter noch ist die Übersetzung des hebräischen »Alten Testaments« ins Griechische. Die sogenannte »Septuaginta« gilt als die älteste durchgehende Übersetzung der Bibel ins Griechische. Die griechische Übersetzung des ursprünglich in Hebräisch verfassten Buches Hesekiel entstand vielleicht schon 250 v.Chr., spätestens 100 v.Chr. Und da steht an der entscheidenden Stelle klipp und klar »δράκων«, also Drachen.

Die griechische Septuaginta wurde für des Griechischen unkundige Leser wieder aus dem griechischen Original u.a. ins Deutsche übersetzt. Jetzt kommt wieder die »Drachenschlange« ins Spiel (9): » … Du warst wie die Drachenschlange im Meer.«

Foto 4: Hesekiel Kapitel 32, Vers 2, Piscatorbibel 1684

Johannes Piscator (* 27. März 1546 in Straßburg; † 26. Juli 1625 in Herborn), war ein elsässischer reformierter Theologe und Bibelübersetzer. Mit geradezu pedantischer Akribie übertrug Piscator 1602 bis 1604 die Texte des Alten und des Neuen Testaments aus den Originalsprachen Hebräisch und Griechisch ins Deutsche seiner Zeit. Was seine Übersetzungen so wertvoll macht: Piscator hielt sich sehr viel strikter als Martin Luther an die Vorlagen.

Eine Neuauflage der »Piscator Bibel« zu einem erschwinglichen Preis ist überfällig. Für 2016 war eine eBook-Version der kompletten »Piscator Bibel« angekündigt. Noch (Stand 9. Mai 2019) ist diese Version des wichtigen Werkes aber nicht erschienen. Nach wie vor heißt es auf der Homepage des Sepher-Verlags, Herborn, sie werde »demnächst« erscheinen.

Erhältlich sind Altes Testament, Neues Testament und Apokryphe Schriften in der Übersetzung von Piscator als Faksimile Druck in mehreren Bänden schon heute. Der Preis ist im Hinblick auf den Arbeitsaufwand des Verlags sicher angemessen, liegt aber mit insgesamt über 1.000 Euro recht hoch. Mit etwas Glück findet man in Antiquariaten »Piscatorbibeln« aus dem 18. und 17. Jahrhundert zu ähnlichen, manchmal gar günstigeren Preisen. Piscators Übersetzung, erschienen 1684 in Bern, lautet (10): »Du bist gleich wie ein junger loew unter den Heyden: ja du bist wie ein wallfisch in den meeren und brichst herfuer und betruebest das wasser mit deinen fuessen und machst seine stroeme trueb.«

Foto 5: Ergänzung zu Hesekiel 32, 2 (Piscator 1736)

Seltsam: Der Drachen wird hier wieder zum »Walfisch in den Meeren«, wühlt aber mit seinen Füßen das Wasser auf und macht »Ströme trüb«. Ein Walfisch mit Füßen? Mag sein, dass es den Herausgebern von Piscators »Biblia« auffiel, das ein Wal ja doch wohl keine Füße hat. So wurde in der Ausgabe der Piscatorbibel von 1736 Vers 2 von Hesekiels 32. Kapitel um einen Kommentar ergänzt: »Es wird Pharao einem reissenden thier auf dem land, und einem grossen wasser=thier, (es seye ein cocodil oder meer=pferd) verglichen.

Die Erklärung unterschlägt also klammheimlich den Wal. Es ist überhaupt fraglich, ob zur Entstehungszeit des »Alten Testaments« der Wal überhaupt bekannt war. Falsch, mag der Bibelleser einwenden, kennen wir doch alle das nach Jona benannte »Büchlein« im »Alten Testament« und seine mysteriöse Geschichte. Jona weigert sich, als Gottes Prophet nach Ninive zu reisen und flieht per Schiff. Gott schickt einen Sturm, Jona bietet sich als Menschenopfer für Gott an. Die Seeleute akzeptieren und werfen Jona ins tosende Meer. Und dann verschluckt ein Wal den Jona? So kennt man das doch! Falsch!

Fotos 6 und 7: Blick in die Krypta der Abdinghofkirche, gestern und heute

Der unbekannte Verfasser des Jonas-Büchleins, benutzt immer die Umschreibung, »gadowl dag« im Hebräischen, zu Deutsch »großer Fisch«. So steht es auch in unseren Bibeln. Wikipedia freilich schreibt unter dem Stichwort »Jona« in der »Gliederung« vom »Wal« (11): »2,1–11: Im Meer, im Bauch des Wales«, erst später korrekt vom »großen Fisch«. Übrigens: Der Bericht vom biblischen Jona kann auf sehr viel älteren Quellen basieren: auf assyrischen und babylonischen. Der Vorläufer von Jona war offenbar Oannes, ein Mischwesen aus Fisch und Mensch. Oannes kam aus dem Meer und brachte, wie der babylonische Priester des Gottes Bel-Marduk Berossos im frühen 3. oder späteren Jahrhundert zu berichten wusste, den Menschen Kultur. Berossos gilt heute noch als einer der wichtigsten Priesterastronomen der Antike.

Foto 8: Ausschnitt aus Hesekiel Kap.32, Vers 2 (Piscatorbibel 1736)

Vom »Wal« zum »Drachen«: Beim »Drachen« scheint es sich um eine reale Kreatur gehandelt zu haben, das im Meer und an Land leben konnte. Was uns wieder zu den acht Drachen in der Krypta der Abdinghofkirche bringt. Jacob Grimm berichtet in seinem monumentalen dreibändigen Werk »Deutsche Mythologie« (14), dass nach alter Mythologie Brunnen und Quelle »von dabei liegenden schlangen und drachen gehütet« wird.

Ist das die Aufgabe der acht Drachen in der Krypta der Abdinghofkirche? Sind sie Hüter der Quellen, die einst in der Erde unter Paderborn sprudelten? Einst galten sie wohl als heilig. Einst mag es im Bereich des Doms und der Kaiserpfalz ein uraltes Quellheiligtum gegeben haben, das Karl der Große zerstören ließ. In unserer Zeit gelten Quellen nicht mehr als heilig. Schonungslos springen wir mit Quellen um. In Paderborn ist so manche Quelle für immer versiegt, als eine Tiefgarage angelegt wurde.

Fußnoten
(1) http://wasserdrachen-podcast.de/
(2) Hesekiel Kapitel 32, Vers 2. Das Lutherdeutsch wurde heutigem Sprachgebrauch angepasst. Siehe http://www.jesus-is-lord.com/germezek.htm (Stand 12.10.2018)
(3) »Die Schrift. Aus dem Hebräischen verdeutscht von Martin Buber gemeinsam mit Franz Rosenzweig«, 4 Bände, 2688 Seiten, Deutsche Bibelgesellschaft, 1. Auflage, 1992
»Die Schrift. Verdeutscht von Martin Buber gemeinsam mit Franz Rosenzweig«, mit Bildern von Marc Chagall , 1176 Seiten, GVH Wissenschaft & Gemeindepraxis, 1. Auflage Oktober 2007
(4) Buber, Martin und Rosenzweig, Franz: »Bücher der Kündung/ Neubearbeitete Ausgabe«, Köln 1966, S. 527, letzter Absatz unten
(5) » … au crocodile dans les flots.«
(6) » … and thou art as a whale in the seas.« (» ... und du bist wie ein Wal in den Meeren«
(7) https://www.bibel-online.net/geschichte/ (Stand 12.10.2018)
(8) Hesekiel Kapitel 32, Vers 2 im Latein der Vulgata: »Leoni gentium assimilatus es, et draconi qui est in mari, et ventilabas cornu in fluminibus tuis, et conturbabas aquas pedibus tuis, et conculcabas flumina earum.«
(9) »Spetuaginta Deutsch/ Das griechische Alte Testament in deutscher Übersetzung«, Deutsche Bibelgesellschaft, 2. Verbesserte Auflage, Stuttgart 2010, Hesekiel Kapitel 32, Vers 2, Seite 1306, Spalte 2, rechts unten
(10) Piscatorbibel, Bern 1684. Die Rechtschreibung wurde unverändert übernommen. Umlaute wurden mit einem hochgestellten e über dem Vokal wiedergegeben, also ein kleines e über dem o in low bedeutet löw. Die heute gebräulichen »Pünktchen« bei ä, ö und ü entwickelten sich aus dem hochgestellten e über a, o und e.

Foto 9: Hochgestelltes e über Vokalen statt ä, ö und ü

(11) https://de.wikipedia.org/wiki/Jona (Stand: 13.10.2018)
(12) Sie hierzu auch Gmirkin, Russell E.: »Berossus and Genesis, Manetho and Exodus: Hellenistic Histories and the Date of the Pentateuch«, New York/London 2006.
(13) Siehe hierzu »Dictionary of Dities and Demons in the Bible«, 2. gründlich überarbeitete Auflage, Lewiden, Boston und Köln 1999, Seite 265
(14) Grimm, Jacob: »Deutsche Mythologie«, Akademische Druck- und Verlagsanstalt Graz 1968, dreibändige Faksimile-Ausgabe der 4. Auflage, Berlin 1875-78, Band I, S. 485, 2. Absatz von unten

Zu den Fotos

Foto 10:  Hesekiel Kapitel 32, Vers 2 (komplett), Piscatorbibel 1736

Foto 1: Drachen Mušḫuššu,Pergamonmuseum, Ischtartor, wikimedia commons, Foto hahaha
Foto 2: 2 der 8 Drachen in der Krypa der Abdinghofkirche. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 3: Buch Hesekiel, Piscatorbibel 1684. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 4: Hesekiel Kapitel 32, Vers 2, Piscatorbibel 1684. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 5: Ergänzung zu Hesekiel 32, 2 (Piscator 1736). Foto Walter-Jörg Langbein
Fotos 6 und 7: Blick in die Krypta der Abdinghofkirche, gestern und heute.
(Foto 6: Historische Aufnahme, Archiv Walter-Jörg Langbein. Foto 7: Walter-Jörg Langbein)
Foto 8: Ausschnitt aus Hesekiel Kap.32, Vers 2 (Piscatorbibel 1736). Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 9: Hochgestelltes e über Vokalen statt ä, ö und ü. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 10:  Hesekiel Kapitel 32, Vers 2 (komplett), Piscatorbibel 1736. Foto Walter-Jörg Langbein


»Professor Langdon und der Pfau«,
Teil 466 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 23.12.2018




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Sonntag, 9. Dezember 2018

464 »Drachen, Jungfrauen und ein himmlischer Fluss«

Foto 1: Drachentöter von Marienmünster.
Teil 464 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein

Meine Urgroßmutter Hedwig Welsch, sie verstarb am 9.12.1971 im Alter von 90 Jahren, las mir als ich noch ein kleines Kind war, Märchen und gruselige Geschichten von Drachen vor. Edle Helden kämpften todesmutig gegen feuerspeiende Drachen, töteten sie und befreiten holde Jungfrauen aus ihren Klauen. Das Volk jubelte dann lautstark, wo die siegreichen Kämpfer auftauchten. Und natürlich bekam jeder Drachentöter die befreite Jungfrau, die sonst das Monster gefressen hätte, zur Frau. Manche bekamen dann noch zusätzlich vom königlichen Schwiegervater das halbe Königreich dazu.

Als ich in Erlangen Theologie studierte, erzählte mir ein arabischer Kommilitone ein Märchen. Ein König hatte drei Söhne, die in die Welt reisten, um sich zu bewähren. Einer der drei Männer gelangte in eine Stadt. Jeden Tag musste ein unschuldiges Mädchen einem siebenköpfigen Drachen ausgeliefert werden, damit die Bestie die Stadt verschonte. Das Untier hauste auf einem Berg nah bei einer Kapelle. Nun sollte des Königs Töchterlein dem Drachen ausgeliefert werden. Der wandernde Königssohn freilich wusste das zu verhindern, tötete den Drachen. Als Lohn bekam der Prinz die Tochter des Königs und wurde, als der König starb, selbst König.

In der Schweiz hörte ich von einem Märchen, das angeblich eine wahre Begebenheit aus dem Jahr 1420 schildert. Zwei riesige Drachen, so überliefert es das Märchen, hausten in unterirdischen Höhlen, in die man über einen Brunnenschacht gelangte. Die Drachen verbrachten dort den Winter, dann flogen sie wieder in die Welt hinaus.

In der Krypta der Kathedrale von Metz, Frankreich, ist eine Statuette eines Drachens zu sehen. Das Tier hat einen Namen: »Graoully«. Die Kreatur soll einst in einem römischen Amphitheater gehaust haben. Der Name »Graoully«, ursprünglich »Grauli«, soll auf das deutsche Wort »gräulich« zurückgehen. Braungräulich, so wird überliefert, waren die Schuppen des Monsters. Sie waren härter als jedes Schwert, heißt es, und so konnte der Drachen »Graoully« lange Zeit nicht besiegt werden. Erst im dritten Jahrhundert gelang es, so wird heute noch erzählt, dem Heiligen Clemens von Metz die Stadt vom Drachen zu befreien. Es gelang dem Kirchenmann, dem Untier eine Stola umzubinden und auf eine Insel im Fluss Seille zu bringen. Da tat sich die Erde auf, verschluckte den Drachen »Graoully«. Der Heilige Clemens wälzte auf das Loch einen mächtigen Felsbrocken, so dass der Drachen bis zum heutigen Tage nicht mehr ans Tageslicht zurückkehren konnte.

Foto 2: Drache Graoully von Horace Castelli

Noch im 19. Jahrhundert erinnerten sich die Bürger von Metz an den Bischof, der den Drachen besiegte. Zu Ehren des Kirchenmannes wurde Jahr für Jahr eine Prozession durchgeführt, bei der Nachbildungen von »Graoully« durch die Straßen getragen wurden. Horace Castelli (*1825;†1889) war wohl Augenzeuge einer solcher »Drachenprozession«. Bei ausgelassener Jahrmarkstimmung wurde eine Drachenfigur mit Flügeln von beachtlicher Größe durch die Straßen geschleppt, begleitet von Trommlern und Verkäufern von Lebensmitteln. Das Schauspiel lockte natürlich auch viele Neugierige an.

Ein behelmter Soldat reitet in der detailreichen Darstellung von Horace Castelli das Untier, das sein furchteinflößendes Maul aufreißt. Ein umsichtiger Mann besänftigt den Drachen, indem er ihm Backwaren in den Rachen kippt. Das Bild vom Drachen mit mächtigen Flügeln ist sehr alt. Es war schon in biblischen Zeiten bekannt. Was wenige wissen: Die biblische Schlange, die Eva zum Ungehorsam verleitet und das göttliche Verbot missachten lässt, war womöglich ein Drachen mit Flügeln. Nach dem biblischen Schöpfungsbericht verfügte die Schlange vom Paradies ursprünglich über Beine, heißt es doch ausdrücklich im Buch Genesis, zitiert nach der Lutherbibel von 2017 (1):

»Da sprach Gott der HERR zu der Schlange: Weil du das getan hast, seist du verflucht vor allem Vieh und allen Tieren auf dem Felde. Auf deinem Bauche sollst du kriechen und Staub fressen dein Leben lang.« Nur wenn die Schlange ursprünglich Beine hatte und »Gott der HERR« ihr die Beine nahm, macht dieser Vers Sinn. Denn ohne Beine hätte sie auch vor der Strafaktion auf dem Bauch kriechen müssen.


Foto 3: Ein geflügelter Drache

Sehr viel ausführlicher ist die apokryphe Schrift »Apokalypse des Moses« (2): »Nachdem er mir dieses gesagt, sprach er in großem Zorn zur Schlange: Weil du dieses tatest als unerfreulich Werkzeug, indem du Arglose betörtest, so sei verflucht vor allem Vieh! Der Speise, die du aßest, sei beraubt! Friss Staub dein Leben lang! Kriech auf der Brust und auf dem Bauch, beraubt der Hände und Füße! Nicht Ohr, noch Flügel bleibe dir, nicht irgend eines deiner Glieder! In deiner Bosheit hast du sie damit berückt und es dahin gebracht, daß sie das Paradies verlassen müssen.«

Paul Rießler hat die »Apokalypse des Moses« in sein Standardwerk »Altjüdisches Schrifttum außerhalb der Bibel« (3) aufgenommen. Auch hier wird die Verwandlung der Schlange als Strafe Gottes beschrieben. Paul Rießler übersetzt (4): »Nicht Ohr, noch Flügel bleibe dir, nicht irgend eines deiner Glieder.«

Die Schlange hatte also nach der »Apokalypse des Moses« vor der Bestrafung durch Gott noch Hände, Füße und Flügel oder vier Beine und Flügel, danach nicht mehr. Hände, Füße und Flügel wurden ihr von Gott genommen. Mit anderen Worten: Vorher war die Schlange ein drachenartiges Wesen.

Wenn wir an die Gebrüder Jacob (*1785; †1863) und Wilhelm Grimm (*1786; †1859) denken, so fallen uns ihre »Kinder- und Hausmärchen« ein, die beide weltberühmt machten. Die Märchen erschienen von 1812 bis 1858. Die beiden Grimms waren aber auch, und das ist weniger bekannt, Sprachwissenschaftler und Volkskundler. Jacob Grimm, der als Begründer der deutschen Philologie und Altertumswissenschaft gilt, veröffentlichte anno 1835 einen wahren Meilenstein der Mythenforschung (5). Das Werk »Deutsche Mythologie« wurde 2007 erneut und komplett publiziert (6).

Foto 4: Darstellung eines Drachen, Künstler Lucas Jennis, frühes 17. Jahrhundert.

Jacob Grimm geht in seinem Werk über deutsche Mythologie (7) auch auf das Thema Drachen ausführlich ein. Er schreibt (8): »Die schlange kriecht oder ringelt sich auf dem boden, stehn ihr flügel zu gebot, so heißt sie drache, was ein undeutsches aus dem lat(einischen) draco, gr(iechischen) Δράκος (Drákos) stammendes, schon früh eingeführtes wort ist.« (Jacob Grimm bezeichnet Drachen als »undeutsches Wort«, damit meint er aus einer fremden Sprache entlehntes Fremdwort.)

Mit anderen Worten: Jacob Grimm entdeckte bei seinem Studium deutscher Mythologie einen direkten Zusammenhang zwischen Schlange und Drachen, der ja bereits im Schöpfungsbericht des Alten Testaments und ausführlicher in den Apokryphen des Alten Testaments beschrieben wurde. Leider findet sich im umfangreichen grimmschen Werk kein Hinweis auf die Drachen in der Krypta der Abdinghofkirche. Auf der Homepage »paderborn.de« (9) findet sich ein interessanter Hinweis (10):»Diese mythischen Drachen waren seit der Antike bis ins hohe Mittelalter Sinnbild für Naturkräfte, die hier vermutlich die Wasserquellen der Pader schützen sollten. Diese Schlangendrachen sind hier eine kunstgeschichtliche Kostbarkeit.«

Foto 5: Schlangendrachen, 17. Jahrhundert

Branko Čanak hat sich wie kaum ein anderer Zeitgenosse intensiv mit den geheimnisvollen Wesen in der Krypta der Abdinghofkirche beschäftigt. Er bezeichnet sie als (11) »Wasserdrachen, Hüter der Paderquellen und älteste Bewohner der Gegend«. Auch der lwl., der Landschaftsverband Westfalen-Lippe, geht auf die geheimnisvollen Tiere in der Krypta ein (12) »Die Drachen sind, obgleich man sie als vermutete Hüter der Paderquellen an verschiedensten Orten der Stadt immer wieder findet, ein oft übersehenes Symboltier.« In der Tat: Es wird die Vermutung angestellt, dass die acht Drachen an dem Säulenkapitell die unterirdischen Paderquellen schützen sollen. Auch die Bezeichnung »Wasserdrachen« ist spekulativ, lässt sich nicht mit alten Dokumenten aus der Entstehungszeit der Krypta belegen. Wasserdrachen sind in China bekannt, werden in uralten Mythen beschrieben.

Foto 6: Chinesische Wasserdrachen.

Die chinesische Mythologie kennt den Wasserdrachen nicht als Behüter von Quellen oder Flüssen, sie repräsentieren vielmehr die Gottheiten von Gewässern. Kurios: Auch im alten Indien repräsentieren Götter Flüsse. So wird die Flussgöttin Ganga mit dem gewaltigen Fluss Ganges gleichgesetzt. In Reliefs wie jenem von Mahalipuram (12m hoch, 33 m breit!) sieht man Ganga als schlangenartiges Wesen im himmlischen Fluss, zusammen mit ihrem ebenso schlangenartigen Partner, zur Erde kommen. Ganga schwimmt nicht im Fluss, sie ist der personifizierte Fluss. Die chinesischen Wasserdrachen haben wie die acht Drachen in der Krypta der Abdinghofkirche Bärte. Wohl ein Zufall…

Meine Urgroßmutter Hedwig Welsch, sie verstarb am 9.12.1971 im Alter von 90 Jahren, las mir als ich noch ein kleines Kind war, Märchen und gruselige Geschichten von Drachen vor. Bis heute beschäftigen mich die Drachen. Sind es reine Fantasiewesen, die es nie gegeben hat? Oder schlummern in unseren Genen Erinnerungen an geheimnisvolle, furchteinflößende Kreaturen, die vor langer Zeit ausgestorben sind? Waren Drachen gut oder böse, göttlich oder teuflisch?

Foto 7: Mysteriöses Steinrelief mit Göttin Ganga


Fußnoten
(1) 1. Buch Mose Kapitel 3, Vers 14
(2) »Apokalypse des Moses« Vers 26, zitiert nach Weidinger, Erich: »Die Apokryphen/ Verborgene Bücher der Bibel«, Augsburg 1999, Seite 43
(Rechtschreibung wurde unverändert übernommen!)
(3) Rießler, Paul: »Altjüdisches Schrifttum außerhalb der Bibel übersetzt und erläutert von Paul Rießler«, Augsburg 1928, Seiten 138-155: »Apokalypse des Moses/ Adam und Eva«
(Rechtschreibung wurde unverändert übernommen!)
(4) ebenda, Kapitel 26, Seite 148 Mitte
(Rechtschreibung wurde unverändert übernommen!)
(5) Grimm, Jacob: »Deutsche Mythologie«, Göttingen 1835
(6) Grimm, Jacob: »Deutsche Mythologie«, Wiesbaden 2007
(7) Grimm, Jacob: »Deutsche Mythologie«, Akademische Druck- und Verlagsanstalt Graz 1968, dreibändige Faksimile-Ausgabe der 4. Auflage, Berlin 1875-78
(8) ebenda, Band II, S. 573, Zeilen 15-18 von oben
(Rechtschreibung wie durchgehende Kleinschreibung wurde unverändert übernommen!)
(9) https://www.paderborn.de/index.php (Stand 10.10.2018)
(10) https://www.paderborn.de/tourismus-kultur/sehenswuerdigkeiten/Abdinghofkirche_Sehensw.php (Stand 10.10.2018)
(11) http://wasserdrachen-podcast.de/ (Stand 10.10.2018)
(12) https://www.lwl.org/pressemitteilungen/mitteilung.php?urlID=31724 (Stand 10.10.2018)

Foto 8
Zu den Fotos
Foto 1: Der Drachentöter von Marienmünster. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 2: Drache Graoully von Horace Castelli, 1872. Foto Archiv Walter-Jörg Langbein
Foto 3: Ein geflügelter Drache, Darstellung etwa 1565.  Foto Archiv Walter-Jörg Langbein
Foto 4: Darstellung eines Drachen, Künstler Lucas Jennis, frühes 17. Jahrhundert. Foto Archiv Walter-Jörg Langbein
Foto 5: Schlangendrachen, 17. Jahrhundert, Künstler eventuell Athanasius Kircher, ca. 1666. Foto Archiv Walter-Jörg Langbein
Foto 6: Chinesische Wasserdrachen. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 7: Mysteriöses Steinrelief mit Göttin Ganga. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 8: Götting Ganga kommt vom Himmel herab. Foto Walter-Jörg Langbein

465 »Monster im Meer?«,
Teil 465 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 16.12.2018



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