Mittwoch, 25. Januar 2012

Eine Lanze für John Asht





Eine Analyse von Ursula Prem

Möglicherweise wird es in Zukunft ein neues Verb geben, das es mit etwas Glück auch in den Duden schaffen könnte. Es bezeichnet eine Erscheinung, die in dieser Art erst mit dem Internet aufgekommen ist und immer häufiger anzutreffen ist: das Schreiben von schlechten Rezensionen über Bücher, die man gar nicht oder zumindest nicht mal annähernd ganz gelesen hat. Wäre ja kein Problem, wenn das Internet nicht sofort eine breite Öffentlichkeit für solch einen Verriss schaffen würde, der vom ersten Moment an für jeden Interessierten sowohl unter dem Buchtitel, als auch unter dem Autorennamen googelbar ist. Ein Autor, dem solches passiert, der ist wirklich geasht (womit wir bei dem neuen Verb wären), vor allem dann, wenn er keinen berühmten Namen trägt und nicht mit einer Menge unterschiedlicher, objektiver Kundenmeinungen rechnen kann, die als Ganzes ein umfassendes Bild über das Buch ergeben.


Der Umgang mit Ashting will gelernt sein

John Asht, Autor des Romans »Twin-Pryx«, hat es offenbar zum ersten Mal erlebt: Sein Buch wurde in einem Bücherblog geasht. Die Bloggerin gab offen zu, über den Anfang des Buches nicht hinausgekommen zu sein und eröffnete ihre Buchbesprechung mit dem Satz: »Ausnahmsweise greife ich an dieser Stelle auf den Klappentext zurück, da ich nicht weit genug gekommen bin, um mehr als die Ansätze der darin geschilderten Handlung zu erleben.« Was dann folgte, war alles andere als eine Leseempfehlung.

Der Autor reagierte so, wie viele reagieren würden, die zum ersten Mal geasht werden: Er war sauer. Dies brachte er auch mit einigen deftigen Worten in den Kommentarzeilen unter der Buchbesprechung zum Ausdruck. Eine Dummheit? - Vielleicht. Mehr noch aber die verständliche Spontanreaktion eines Menschen, für den es eine ausgemachte Sache ist, dass man Bücher gelesen haben sollte, ehe man sie besprechen kann. Die Empörung eines Menschen, der noch nicht zu den abgefuckten Bestsellerautoren zählt, denen es völlig egal ist, was aus ihren Babys wird, sobald sie sie schwungvoll und etwas lieblos in die Welt geschubst haben.